Sonys neue Playstation: Die unsichtbare Vierte

Während der zweistündigen Vorstellung in New York hörte man viel über die Leistung, Online-Funktionen und Spiele der nächsten Playstation. Doch der Star des Abends blieb verschwunden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 710 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.

Der neue Controller leuchtet in verschiedenen Farben, wenn man ihn lieb über sein Touchpad streichelt.

(Bild: Sony)

Ob die Experten Recht hatten mit ihrer Vermutung, die nächste Playstation habe zweimal vier Ecken, wissen wir leider auch nach der nächtlichen Vorstellung der PS4 (so der offizielle Name) nicht. Die Konsole blieb bis zum Schluss unsichtbar, nur einen Termin verriet das letzte Dia: "Holidays 2013", was so viel heißt: Zu Weihnachten 2013 wird die neue Konsole – zumindest in den USA – auf den Markt kommen. Ob das auch für Europa zutrifft, wird man abwarten müssen. Auch einen Preis nannte Sony nicht. Die gut informierte Seite Kotaku tippt derweil auf zwei Konfigurationen, eine für 429 und eine für 529 Dollar. Allerdings sei der Preis noch verhandelbar, je nachdem, wie teuer Konkurrent Microsoft seine kommende Xbox anpreisen wird, sagt Kotakus geheime Quelle. Man wird sehen.

Mit seinem LED-Balken verrät er aber auch der neuen stereoskopischen Kamera seine Position im Raum.

Technisch gab es keine Überraschungen. Atari-Veteran Mark Cerny, der als technischer Leiter die Entwicklung der PS4 überwacht, bestätigte die kursierenden Gerüchte (offizielles Specs-pdf): 8-Kern-x86-CPU (AMD Jaguar, 64 Bit), AMD Radeon-GPU, die mit ihren 18 Computing Units auf 1,84 TFLOPS kommt und Tausende von Partikeln berechnen kann, die den Figuren in den folgenden Demos immer wieder um die Ohren flogen, 8 GByte GDDR5 Unified RAM mit einer Durchsatzrate von 176 GByte/s und eine Festplatte unbekannter Größe. Das Blu-ray-Laufwerk soll BDs mit 6X und DVDs mit 8X rotieren lassen. Hinzu kommen USB-3.0-Anschlüsse, GBit-Ethernet, WLAN, Bluetooth 2.1, Analog-AV, SPDIF und ein HDMI-Anschluss. Ob dieser auch 4K-Auflösungen ausgeben kann, gab Sony nicht bekannt. Die Worte 4K oder Ultra-HD fielen nicht ein einziges Mal. Die Japaner fokussierten sich einzig auf die Spielfunktionen und ließen übrige multimediale Fähigkeiten außen vor.

So alt wie dieses detailliert gerenderte Gesicht aus Quantic Dreams nächstem PS4-Spiel sollen Spieler beim Warten auf Downloads und Updates nicht werden.

PS4-Spieler sollen insbesondere weniger Zeit mit dem Warten auf Downloads, Patches und Updates verbringen als an der PS3. Ein spezieller Chip soll Patches und Updates im Hintergrund laden und installieren. Im Standby soll der Inhalt des Hauptspeichers sich nicht verflüchtigen, sodass Spieler beim Wiedereinschalten der Konsole gleich weiterspielen können.

Mit Druck auf den Share-Knopf öffnet sich ein Fenster, mit dem man die letzten Spielszenen zusammenschneiden und per Ustream verteilen kann.

Was PS4-Spieler aber in jedem Fall brauchen werden, ist eine dicke Internet-Leitung. Gaikai wird in das PSN integriert und soll in den kommenden Jahren zu einem umfassenden Streaming-Dienst ausgebaut werden, der Demos von PS4-Spielen auf Knopfdruck startet und den Katalog an PS1/2/3-Spielen als Stream verfügbar macht. Von Haus aus wird die PS4 nämlich keine PS3-Spiele starten können, dazu sind die Prozessorarchitekturen zu unterschiedlich. Aber nicht nur Gaikai soll auf Sendung gehen, sondern auch jede PS4. Die Konsole speichert automatisch einen Videoclip der letzten Minuten des laufenden Spiels. Spieler können ihn mit Druck eines Share-Knopfes am neuen Controller mit anderen via Ustream teilen.

Die PS Vita soll weiter zum mobilen Kompagnon ausgebaut werden und per Remote Play irgendwann möglichst alle PS4-Spiele als Stream empfangen und weiterspielen können. Mit einer "Playstation App" sollen dazu auch andere iOS- und Android-Geräte in die Lage versetzt werden. Die App soll ähnlich wie Microsofts Smartglass Zusatzinformationen zu laufenden Spielen anzeigen und den Einkauf im Playstation Store ermöglichen

Der neue PS4-Controller (pdf) ähnelt dem alten Dual-Shock-Controller, er bringt jedoch ein Touchpad an der Oberseite und einen LED-Balken an der Stirmseite mit, der wie eine Move-Fernbedienung in verschiedenen Farben leuchten kann. An der Rückseite lässt sich ein Kopfhörer anschließen, ein eingebauter Lautsprecher gibt Töne von sich. Der Dualshock-4-Controller soll sich an der PS4 auch laden lassen, wenn diese im Standby ist.

Die PS4 bekommt auch eine 3D-Kamera, die schneller höher aufgelöste Bilder schießen kann als Microsofts Kinect.

Eine stereoskopische Kamera, Playstation 4 Eye genannt, erinnert an Microsofts Kinect und soll die Position des Controllers wie Bewegungen des Spielers erkennen und über sein 4-Mikrofon-Array Sprache aufnehmen. Spieler sollen sich per Gesichtserkennung einloggen können. Die Augen der PS4 schießen jeweils Bilder mit 1280x800 Pixeln 60 Mal pro Sekunde und können auch sehr schnelle Bewegungen verfolgen. Der Mindestabstand zum beobachteten Objekt beträgt lediglich 30 Zentimeter.

Das Menü der PS4 ähnelt dem aktuellen Playstation Store.

Sony betont, dass man die Wünsche der Spieler und Entwickler sehr stark beim Design der PS4 berücksichtigt habe. Sie sei einfach zu programmieren und biete viele Möglichkeiten, sich mit anderen zu vernetzen. En Passant sammelt Sony dabei viele Nutzerdaten. Man wolle möglichst im vorhinein wissen, was der Spieler als nächstes konsumieren will. So ist die PS4 ein Produkt intensiver Markt- und Sozialforschung. Hier unterscheidet sich Sonys Philosophie ganz grundlegend von der Nintendos, die bei der Entwicklung der Wii U nicht auf die Wünsche der Spieler hörten, sondern sich etwas Neues ausdachten, auf das Spieler – wenn man sie gefragt hätte – nie gekommen wären. Der PS4 fehlt ein solches Überraschungsmoment, wie es die Wii U bei ihrer ersten Vorstellung erzeugte. Gut möglich, dass die PS4 deshalb aber auch am Markt erfolgreicher sein wird als Nintendos jüngster Wurf.

Blizzard portiert Diablo 3 auf Konsolen. Sowohl PS3 als auch PS4 sollen bedacht werden.

So war denn auch die größte Überraschung bei den folgenden Spielepräsentationen, dass Blizzard "Diablo 3" sowohl für die PS3 als auch für die PS4 herausbringen wird. Der Hersteller sprach von einer strategischen Allianz mit Sony, nahm das Wort "Exklusiv" jedoch nicht in den Mund. Sony selbst lässt von Cerny ein neues, grafisch an Ratched & Clank erinnerndes Action-Spiel namens "Knack" entwickeln und zeigte anhand des nächsten Teils der Killzon-Reihe "Shadow Fall" die grafischen Möglichkeiten, die vielleicht nicht Launch-Titel, aber spätere PS4-Spiele erreichen können. Dank der massiven Speicheraufrüstung werden vor allem die Level größer und detaillierter. Der Ausschnitt zeigte den Angriff auf eine futuristische Stadt auf der Erde. Hinzu kommt eine neue Rennwagen-Simulation namens "Driveclub", in der Spieler online in Teams antreten. Sucker Punch bereitet derweil den nächsten Teil seiner Infamous-Reihe namens "Second Son" vor, in dem es mehrere Charaktere mit Superkräften geben wird, die den Überwachungssystemen einer futuristischen Stadt trotzen.

Auf Jonathan Blows "The Witness" darf man besonders gespannt sein. Bereits mit Braid hat der Indie-Entwickler seine Liebe zu ungewöhnlichen Spielkonzepten bewiesen.

Indie-Star Jonathan Blow will derweil nach Braid sein nächstes Puzzle-Spiel zuerst auf der PS4 veröffentlichen, bevor es auf andere Systemen erscheint. "The Witness" soll ein dichtes Open-World-Spiel mit 25 Stunden Spielzeit werden. Quantic Dream bestätigte derweil, das "Beyond: The Two Souls" auf der PS3 erscheint und dass man für die PS4 auf eine neue Technik setze, die selbst kleinste Regungen in einem realistisch modellierten Gesicht sichtbar machen kann.

Was folgte, war der Auftritt bekannter Publisher wie Capcom, Square Enix, Ubisoft (Watchdogs) und Activision (Destiny für PS3 und PS4), die Demos und erste Spiele zeigten. Auffällig war das Fehlen namhafter Branchengrößen wie Electronic Arts, Take 2 Interactive, Bethesda und Konami, die nicht auf der Bühne zu sehen waren. Unsichtbarkeit erhöht eben die Spannung, das wusste schon der alte Hitchcock. (hag)