Hessischer Landtag 2.0

Hessische Bürger sollen zukünftig die Debatten ihrer Volksvertreter live im Internet mitverfolgen können.

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  • dpa

Langsam aber sicher nimmt der neue hessische Landtag Form an, auch wenn das zunächst einmal nur auf das Gebäude zutrifft. Während die Parteien noch um eine Regierungsbildung rangeln, stehen die jahrelangen Bauarbeiten im Parlament vor dem Abschluss. Bei der ersten Sitzung des Ende Januar gewählten Landtags am 5. April sollen die 110 Abgeordneten im neuen Plenarsaal Platz nehmen können. Und der bietet neben größerem Komfort völlig neue Möglichkeiten: Künftig können die Plenardebatten grundsätzlich auch live im Internet übertragen werden. "Die technischen Voraussetzungen dafür sind vorhanden", berichtet Landtags-Sprecher Matthäus Friederich.

Wann es tatsächlich soweit ist, kann er noch nicht genau sagen. "Das wird ein Projekt für die kommende Legislaturperiode", sagt Friederich. Für die Übertragungen installiert der Landtag eigene Kameras in dem neuen Plenargebäude, die dann vollautomatisch Bilder liefern. Die digitalen Videodaten können dann in unterschiedlicher Weise verwendet werden. Bevor ein Live-Stream im Internet angeboten werden kann, müssen jedoch noch einige technische und organisatorische Details geklärt werden.

Andere Landtage in Deutschland, etwa der bayerische, haben schon eine Art "Landtags-TV" im Internet. Und auch der Bundestag bietet einen virtuellen Zugang zu seinen Plenardebatten. Jetzt will die hessische Volksvertretung ebenfalls die Möglichkeiten des Internets mehr als bisher nutzen. Der gesamte Web-Auftritt soll zudem aufgefrischt und erweitert werden.

In Hessen berichtet bislang nur der Hessische Rundfunk (hr) im Fernsehen ab und an live aus dem Landtag, allerdings überträgt er die Debatten nicht in voller Länge. Schließlich dauerten die Plenardebatten in der abgelaufenen Legislaturperiode zusammengenommen etwa 1027 Stunden, im vergangenen November tagten die Abgeordneten sogar einmal bis abends um 23.00 Uhr. Das wäre wohl auch hartgesottenen Fernsehzuschauern mit großem politischen Interesse kaum zuzumuten.

Der Landtag sieht in einer Übertragung der Plenarsitzungen im Internet eine weitere Möglichkeit, Landespolitik transparent und für die Öffentlichkeit "miterlebbar" zu machen. Auch dies gehöre schließlich zu den Aufgaben und Funktionen des Parlaments, sagt Friederich. In den Sitzungen der Ausschüsse – da, wo die eigentliche Arbeit des Parlaments stattfindet – bleiben dagegen Kameras meist außen vor.

Ein weiterer Vorteil der Internet-Übertragungen: Die Aufzeichnungen der Debatten könnten später einmal für jedermann abrufbar ins Internet gestellt werden. Somit stünden neben den schriftlichen Plenarprotokollen auch bewegte Bilder zur Verfügung. Vor allem Journalisten dürften sich über diesen Service freuen.

Mit den geplanten Internet-Übertragungen müssen die Abgeordneten rechnen, dass sie künftig noch genauer unter Beobachtung stehen. So wäre auch ein FDP-Abgeordneter nicht nur einem Zeitungsreporter auf der Tribüne aufgefallen, der in der Ende März zu Ende gehenden Legislaturperiode einmal während einer Plenarsitzung im Männermagazin "Playboy" blätterte und damit die hessische Frauenbeauftragte gegen sich aufbrachte. Da half ihm auch die Entschuldigung nichts, die Zeitschrift sei für einen anderen, erkrankten Fraktionskollegen bestimmt gewesen. (dpa) / (adb)