US-Bürgerrechtler machen gegen Patent auf Online-Musikvertrieb mobil

Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat ein gewerbliches Schutzrecht der US-Firma Seer Systems in ihr Patent Busting Project aufgenommen, mit dem die Neuheit vermeintlicher Erfindungen hinterfragt werden soll.

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Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat ein gewerbliches Schutzrecht der US-Firma Seer Systems in ihr 2004 gestartetes  Patent Busting Project aufgenommen. Mit dem "virtuellen Pranger" will die US-Bürgerrechtsorganisation die Neuheit vermeintlicher Erfindungen hinterfragen und eine Überprüfung von Trivialpatenten durch das US-Patentamt erreichen. Bei dem fraglichen Monopolanspruch mit der Nummer 5,886,274 handelt es sich laut EFF um ein besonders breites Schutzrecht zum Vertrieb von Musik über das Internet. Die Bürgerrechtler bitten daher um die Einsendung von Hinweisen auf Erfindungen, die bereits vor dem im Juli 1997 beantragten Patent dem darin dokumentierten Stand der Technik entsprachen ("Prior Art").

Das so genannte Seer-Patent bezieht sich auf ein System, mit dem unterschiedliche Datenformate in eine Datei zusammengefasst, über das Internet verteilt und dann in einem Abspielgerät angehört werden können. Konkret geht es um "musikalische Arbeitsdateien" mit Kontrollsignalen, wie sie etwa in MIDI-Dateien angelegt werden können, einem Set an Instrumentenklängen sowie zusätzlichen Soundeffekten. Die Musikdateien können zudem auch Referenzen etwa über Hyperlinks auf andere Daten auf einem Internetserver oder einer CD-ROM enthalten. Die Patentansprüche beziehen sich sowohl auf die Erzeugung derartiger digitale Musikstücke als auch auf ihre Weitergabe und Ausgabe etwa über ein Lautsprechersystem.

Besonders interessiert sind die Bürgerrechtler an Verweisen auf bereits zuvor dokumentierte Verfahren zum Herunterladen und Abspielen von Teilen von Musikdateien in Echtzeit. Als Beispiel führen sie ein System an, mit dem Medieninhalte nach und nach übers Internet gestreamt werden. Es gehe also darum, dass die Dateien häppchenweise nach und nach geladen und abgespielt werden, ohne sie zunächst als ganze herunterzuladen. Eingaben könnten in Form anderer publizierter Patente, Veröffentlichungen im Web, in Newsgroups, Magazinen, technischen Papers, Produktanleitungen oder Fachliteratur erfolgen. Nützliche entsprechende Informationen erwartet die EFF vor allem aus dem Bereich von Software für digitale Sequenzer und Synthesizer zur Komposition oder zum Abspielen von Musikstücken.

Im Rahmen ihrer "Patentjagd" haben die Bürgerrechtler mittlerweile die offizielle erneute Prüfung von fünf gewerblichen Schutzrechten erreicht. Bei einem davon, das sich auf die Erstellung digitaler Aufnahmen von Live-Aufführungen bezog, hat das US-Patentamt inzwischen die Notbremse gezogen und es für nichtig erklärt. Zuletzt erreichte die EFF im März die Überprüfung eines Patents, bei dem es um die Veranstaltung von Wettkämpfen in Online-Spielen geht. Gegen Softwarepatente an sich spricht sich die Organisation etwa im Gegensatz zur Free Software Foundation (FSF) oder der Initiative End Software Patents (ESP) dagegen nicht aus.

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)