Vereinte Nationen ziehen Bilanz zur Informationsgesellschaft

Vor 10 Jahren organisierten die Vereinten Nationen ihren ersten Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS). Auf einer Konferenz wird nun eine positive Zwischenbilanz gezogen, noch sei aber viel zu tun.

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10 Jahre nach dem ersten Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) verzeichnet die UN beträchtliche Fortschritte in Bereichen wie Zugang zu Gesundheit, Bildung und Information übers Netz. Das sagte zum Auftakt einer WSIS-Bilanzkonferenz der UNESCO (WSIS+10) in Paris der US-Ökonom Jeffrey Sachs, Sonderberater der UN für die Millenniumsziele. Sachs präsentierte konkrete Beispiele, mahnte aber auch, jeder Schüler weltweit müsse durch seine Ausbildung befähigt werden, ein paar Zeilen Code zu schreiben. UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokova erinnerte anlässlich des Berichts der Breitbandkommission von UNESCO und Internationaler Fernmeldeunion daran, dass viele Länder die gesetzten Ziele beim Ausrollen von Breitband noch nicht erreicht haben.

Vor zehn Jahren organisierten die Vereinten Nationen ihren ersten Weltgipfel zur Informationsgesellschaft. Zwei Jahre später gaben sie sich trotz viel Streit mit der Tunis Agenda gemeinsame Ziele für die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in armen, wie reichen Ländern.

Die UN sehen sich auf gutem Weg in die Informationsgesellschaft

Sachs sprach mit Blick auf das an seiner Universität betreute Projekt Millenniumsstädte, das sich im Rahmen der Millenniumsziele der Vereinten Nationen der Bekämpfung extremer Armut verschrieben hat, von kaum vorstellbaren Umwälzungen in den letzten zehn Jahren. Damals habe es in den Millenniumsstädten praktisch keinen Zugang zum Kommunikationsnetz gegeben, so Sachs. Jetzt würden gerade eine Million Gesundheitsbeauftragte in afrikanischen Ländern mit Smartphones und damit mit dem Zugang zu medizinischem Rat für ihre Patienten ausgestattet. 2018, so Sachs, würden laut Vorhersagen von Ericsson rund 80 Prozent der Welt über 3G-Netze verfügen. Auch den Zugang zu lokal produziertem Prepaid-Solarstrom bezeichnete Sachs als Vorreiterprojekt.

Allen voran stellten die Experten in Paris die Nutzung von Breitbandnetzen für die Bildung. Sachs lobte Massive Online Courses und generell den Zugriff auf Information über die Netze, und sprach von der totalen Umkrempelung des Bildungswesens. Tibor Toth, Executive Secretary der Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (CTBTO) nannte Open Source Software und kollaborative Wissensprojekte die eigentliche Revolution. Sachs Forderung, dem ursprünglichen Millenniumsziel „Grundschule für alle“ nun das Ziel „höhere Bildung für alle“ folgen zu lassen, kontrastiert allerdings mit der Bilanz, nach der gegenwärtig rund 61 Millionen Kinder keine klassische Grundschule besuchen.

Grace Githaiga vom Kenia ICT Action Network warnte, der WSIS+10-Prozess dürfe nicht nur dazu genutzt werden, sich auf die Schulter zu klopfen, es müsse vielmehr nach echten Antworten für neue Herausforderungen gesucht werden. Jean-Guy Carrier, Generalsekretär der Internationalen Handelskammer zeigte sich besorgt, weil Regierungen sich vermehrt von multilateralen Foren abwendeten. Sachs meinte dazu, viele Regierungen hätten „den Schuss noch nicht gehört“ und wüssten nicht recht, wie sie sich angesichts der wachsenden Schwierigkeit, ihr Handeln geheim halten zu können, verhalten sollten: "Demokratisierung liegt in der Luft." Einmal alle vier Jahre wählen, sagte er mit Blick auf Demokratien, sei dabei längst nicht mehr genug.

Die über 80 WSIS+10-Panels können bis Mittwoch auch live im Netz verfolgt werden. (mho)