Nanokapseln machen nüchtern

US-Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sich der Blutalkoholspiegel eines Lebewesens innerhalb kürzester Zeit reduzieren lässt. Bei Mäusen klappt das schon.

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Von
  • Mike Orcutt

US-Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sich der Blutalkoholspiegel eines Lebewesens innerhalb kürzester Zeit reduzieren lässt. Bei Mäusen klappt das schon.

Wissenschaftlern an zwei kalifornischen Universitäten ist es gelungen, den Blutalkoholspiegel alkoholisierter Versuchstiere mit einer einfachen Injektion zu senken. Der Trick sind Nanokapseln, in denen Enzyme stecken, die im Alkoholstoffwechsel eine zentrale Rolle spielen. Die neuartige Behandlungsform ist als Demonstration für eine verbesserte Wirkstoffauslieferungstechnik gedacht, die breite medizinische Anwendungsmöglichkeiten haben könnte.

Enzyme sind zumeist Proteine, die als Katalysatoren für eine große Anzahl biologischer Prozesse im Körper dienen – entsprechend attraktiv sind sie als Medikamentenkandidaten. Viele wichtige Körperfunktionen setzen eine genau aufeinander abgestimmte Gruppe verschiedener Enzyme voraus, die in Kombination agieren – oft innerhalb zellulärer Subkomponenten, die man Organellen nennt. Forscher versuchen seit Jahren, Enzymkomplexe im Labor nachzubauen, doch dabei gibt es das zentrale Problem, die Proteine stabil zu halten und ihre Größe und Anordnung präzise zu kontrollieren.

Die neue Studie packt verschiedene Enzyme nun in eine kompakte Hülle im Nanomaßstab. Das Endergebnis ist ein funktionierender Enzymkomplex aus einem nichttoxischen Polymer, der "Organellen fast nachbildet", wie Yunfeng Lu, Professor für Chemie- und Biomolekulartechnik an der UCLA, erläutert. Er führte die Studie zusammen mit Cheng Ji durch, Professor für Biochemie und Molekularbiologie an der University of Southern California. Die Kapsel stabilisiert ihren Proteininhalt und schützt ihn vor dem Abbau im Körper.

Um die Wirksamkeit der neuen Methode zu demonstrieren, injizierten die Forscher Kapseln mit zwei Enzymen in den Mäusekörper. Eines davon, die Oxidase, produziert Wasserstoffperoxid. Aus diesem Grund musste es mit einem anderen Enzym zusammenarbeiten, das dieses potenziell gefährliche Nebenprodukt abbaut. Die Forscher konnten zeigen, dass die Enzymbehandlung zu einer schnellen und deutlichen Absenkung des Alkoholspiegels im Vergleich zu einer Kontrollgruppe führte.

Die Studie öffnet die Tür zu einer neuen Klasse von Enzymmedikamenten, glaubt Lu. In Zukunft könnte man beispielsweise ein Prophylaktikum gegen Alkoholvergiftungen einnehmen – oder ein Gegenmittel, das schnell nüchtern macht. Weil der Alkoholstoffwechsel normalerweise in der Leber stattfindet, "wäre das fast, als habe man Millionen von Leberzellen im Bauch oder im Darm", sagen die Forscher.

Die Wissenschaftlergruppe entwickelt außerdem weitere Wirkstoffe mit der Nanokapselmethode. Zu den Partnern gehört etwa die Pharmafirma Kythera, die an einem Medikament zur Prävention von Haarausfall arbeitet. Auch dort will man einen Enzymkomplex ausliefern. Dieser soll im Körper das Dihydrotestosteron abbauen, das zur Glatzenbildung beim Mann beiträgt. ()