MWC

Phablets, Underdogs und unsichtbare Riesen

Der Mobile World Congress 2013 ist zu Ende. Die Messe hat gezeigt, was im Jahr 2013 bei Smartphones und Tablets sowie an neuen Anwendungen zu erwarten ist – erlaubt aber auch einen Blick unter die Motorhaube.

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Von
  • Achim Barczok
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Am Donnerstag ist der Mobile World Congress (MWC) mit einem neuen Besucherrekord zu Ende gegangen. Die Messe hat gezeigt, was im Jahr 2013 bei Smartphones und Tablets sowie an neuen Anwendungen zu erwarten ist. Der MWC erlaubt aber auch einen Blick unter die Motorhaube der Branche: In Barcelona werden die neuesten Entwicklungen in Sachen Netz-Infrastruktur ebenso gezeigt wie die Technik, die in den Geräten von Morgen steckt.

Der MWC 2013 markiert die Geburtsstunde des "Phablets". Der Trend zu immer größeren Displays führt zu Unterscheidungsschwierigkeiten: Bei manchen Geräten ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, ob es sich um großes Phone oder kleines Tablet handelt. Die Hersteller bauen ihr Geräteportfolio aus und verwischen dabei zunehmend die Grenze zwischen Tablet und Smartphone.

Die Grenzen zwischen Tablet und Smartphone sind fließend.

(Bild: heise online)

Zwar haben die meisten der in Barcelona gezeigten Smartphone-Flaggschiffe ihr Debüt schon vor dem MWC gehabt, auf der Messe gab sie aber zum ersten Mal auf einem Fleck zu sehen: HTC One, Sony Xperia Z, Huawei Ascend D2 und LG Optimus G Pro protzen allesamt mit einem Full-HD-Display. Neu gesellte sich in Barcelona das Asus Padfone Infinity dazu. Schiebt man das Full-HD-Smartphone in die Rückseite des Display-Docks, verwandelt es sich in ein Full-HD-Tablet.

"Nur" ein HD-Display, dafür besonders schnelles LTE hat das Huawei Ascend P2. Es funkt mit LTE nach Cat4 und erreicht so theoretisch bis zu 150 MBit/s – sofern die Netze das überhaupt unterstützen. Aber da hilft Huawei als Ausrüster sicher gerne. Fehlt eigentlich nur noch Samsung: Die Koreaner zeigten das schon sehnlich erwartete Galaxys S4 nicht. Ganz lässig während der Messe verschickte Samsung stattdessen Einladungen für eine Veranstaltung im März in New York.

Neuheiten gab es vor allem in der Unter- und Mittelklasse zu sehen. Huawei, LG und ZTE stellten Dutzende Android-Smartphones zwischen 100 und 300 Euro vor, die sich bei Design und Technik manchmal kaum noch unterscheiden. Auch Nokia konzentrierte sich auf die massentauglicheren Preis-Sphären. Neben einem 15-Euro-Handy hatten die Finnen zwei neue Windows Phones im Gepäck: Das Lumia 720 macht mit einem handlichen Design Eindruck, das Lumia 520 mit einem günstigen Preis von 200 Euro.

Smartphones und Tablets auf dem MWC (13 Bilder)

Smartphones und Tablets auf dem MWC

Nokia konzentrierte sich in Barcelona auf Massen- statt Klassen-Smartphones: Das Lumia 520 kostet 200, das Lumia 720 380 Euro. Beide laufen mit Windows Phone 8.

Während die großen Hersteller nach dem Motto "größer, schneller, mehr" weiter an der Spec-Schraube drehten, waren es die kleineren Firmen, die innovative Ideen auf die Messe brachten. Etwa ein Smartphone mit einem zusätzlichen E-Ink-Display auf der Rückseite, das die russische Firma Yota in Barcelona zeigte. Oder der aufklappbare Androide mit Doppeldisplay vom japanischen Hersteller NEC. Ob diese interessanten Geräte jemals in Deutschland erhältlich sein werden, steht allerdings in den Sternen.

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Robuste Smartphones und Tablets fristen auf dem MWC immer noch ein Nischendasein. Mittlerweile sieht man den Geräten aber nicht mehr sofort an, dass sie für den Einsatz unter erschwerten Bedingungen gedacht sind. Vor allem bei Sony geht der Trend dahin, die Geräte vor Umwelteinflüssen zu schützen, ohne dass man es dem Gerät unbedingt ansieht. Im Gegenteil: Das Xperia Tablet Z sieht schicker aus als die meisten Konkurrenten und ist immun gegen Wasser und Staub. Auch das Outdoor-Smartphone B15 von CAT wurde im Vergleich zum Vorgänger aufgehübscht.

Ob die im Messejahr 2013 mit viel Aufmerksamkeit beschenkten alternativen Betriebssysteme für die große Revolution der Underdogs sorgen werden, bleibt abzuwarten. Zweifel sind allerdings angebracht: Firefox OS scheint sich mit seinen Einschränkungen eher als Betriebssystem für Billig-Smartphones zu empfehlen. Samsung hat sein offenes System Tizen gar nicht erst gezeigt und Ubuntu dürfte auch eher was für Linux-Fans und Bastler sein.

Viel Aufmerksamkeit für Einsteiger-Smartphones mit Firefox OS.

(Bild: heise online)

Smartphones brauchen Netze: Spektakuläre neue Netztechnik gab es in diesem Jahr nicht zu sehen. Die Branche baut vor allem die LTE-Technik weiter aus. Ericsson führte erneut LTE-Advanced vor, mit der vier HD-Streams gleichzeitig übertragen werden können. Die Bitrate lag bei knapp 1 GBit/s, die Geschwindigkeitssteigerung resultiert aus einer auf 40 MHz verdoppelten Kanalbandbreite und einem 8X8-MIMO, bislang nutzt LTE nur 2X2.

Diese Geschwindigkeit wird jedoch bei den Endgeräten kaum ankommen, die meisten werden wohl auf absehbare Zeit mit 2X2-MIMO arbeiten. Das von Huawei vorgestellte Ascend P2 könnte jedoch bald mit der beworbenen Geschwindigkeit von 150 MBit/s ins Netz gehen. Die Netzbetreiber werden nach Einschätzung eines Ericsson-Sprechers passende Netztechnik verbauen, wenn sie verfügbar ist.

Wenig zu sehen war 2013 bemerkenswerterweise von den zwei Unternehmen, die die Branche in den vergangenen Jahren umgekrempelt haben: Dass Apple dem Mobile World Congress die kalte Schulter zeigt und sich lieber um seine eigenen Veranstaltungen kümmert, hat schon Tradition. In diesem Jahr hat sich auch Google stark zurückgenommen, nachdem der Suchmaschinenriese in den vergangenen Jahren von seinem "Außenminister" Eric Schmidt prominent vertreten worden war. Auch Microsoft hat den Ball in diesem Jahr flach gehalten: Kein offizieller Auftritt von Steve Ballmer, keine Ankündigung.

Dass Hersteller auf dem MWC neue Smartphones vorstellen, ist normal. Aber ein Auto? Ford präsentierte in Barcelona den EcoSport, ein Mini-SUV auf Basis des Fiesta, das Ende des Jahres auch auf den deutschen Markt kommen soll. Der Wagen kann mit Fords SYNC AppLink-Technik ausgerüstet werden, mit der Multimedia-Funktionen per Android-, iOS- oder BlackBerry-Smartphone angesteuert werden. So wird der Fahrer zum Beispiel Musik von Spotify abrufen können, der ersten Streaming-Plattform, die Ford als Partner für Ford SYNC AppLink in Europa vorstellte.

Diese alltägliche Kommunikation von Geräten untereinander bildete einen der Schwerpunkte des diesjährigen MWC. Auf der Messe eine "Connected City" aufgebaut, in der zahlreiche Unternehmen die vernetzte Welt von Morgen vorstellten. Schätzungen zufolge werden zum bis Jahr 2020 rund 50 Milliarden verschiedener Geräte im "Internet der Dinge" miteinander verbunden sein.

Einer der Schwerpunkte des MWC war in diesem Jahr das Bezahlen mit dem Smartphone und andere Anwendungsmöglichkeiten für die Nahfunktechnik NFC. Der Veranstalter hatte zusammen mit Unternehmen die "NFC Experience" aufgebaut, die den Besuchern das Mobile Payment näher bringen sollte. Experten sind aber weiter skeptisch, ob sich das Bezahlen mit dem Smartphone durchsetzen wird – insbesondere in Deutschland, wo es bereits viele verschiedene Zahlungsmöglichkeiten gibt.

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