Leistungsschutzrecht: Schlag gegen das Netz oder faires Instrument?

Nach dem Beschluss des neuen Presse-Schutzrechts hagelt es weiter Kritik aus der Internetwirtschaft und von Gewerkschaften. Die Gegner hoffen nun auf den Bundesrat. Verlegerverbände sprechen dagegen von einem richtigen Signal.

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Nach dem Beschluss des neuen Leistungsschutzrechts für Presseverleger durch den Bundestag hagelt es weiter Kritik aus der Internetwirtschaft und von Journalistenvertretungen an dem Konzept. Der Hightech-Verband Bitkom sprach von einem "Schlag gegen das Internet" durch ein "schlicht überflüssiges Gesetz", das gegen die Empfehlungen "der meisten Rechtsexperten durch das Parlament gejagt" worden sei. Es sei nach wie vor völlig unklar, was mit dem Vorstoß überhaupt erreicht werden solle. Selbst die Abgeordneten seien sich uneinig, ob und bis zu welchem Umfang die in Suchmaschinen üblichen Textanrisse in Form von "Snippets" künftig erlaubt seien. Jahrelanger Rechtsstreit sei vorprogrammiert.

"Der Bundestag hat mit dem Leistungsschutzrecht ein notdürftig ausgearbeitetes Gesetz verabschiedet, das keinem nützt", bemängelte auch Oliver Süme, Rechtsvorstand beim Verband der deutschen Internetwirtschaft eco. Innovativen Online-Diensten würden dagegen massiv Steine in den Weg gelegt, die freie Informationsbeschaffung im Netz erschwert. Verfassungsrechtlich sei der verabschiedete Entwurf "schlicht untragbar".

Die Initiative sei weder nötig noch sinnvoll, behindere Innovation und schade der Wirtschaft sowie den Internetnutzern in Deutschland, hieb Kay Oberbeck, Sprecher von Google Deutschland, in die gleiche Kerbe. Man erkenne aber an, "dass Suchergebnisse im Internet auch in Zukunft in der bewährten Form ermöglicht werden sollen". Juristen sind sich in dieser Frage jedoch noch nicht einig.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete den Entwurf als "Lex Fast nichts", das Google ursprünglich als Hauptziel gehabt habe, den Suchmaschinenbetreiber aber nun mit der Änderung der Koalition im Regelfall wohl nicht mehr betreffe. Es handle sich um ein "schwaches Gesetz, das vorerst rechtliche Unsicherheiten bringt, nur geringe Einnahmen durch ein kurzlebiges, auf ein Jahr begrenztes Recht beschert und das faktisch lediglich den Verlagen nützt". Die Gewerkschaft ver.di monierte, dass den Urhebern ein Bärendienst erwiesen werde.

Das Parlament habe eine Rechtslücke geschlossen, begrüßten dagegen die Verlegerverbände BDZV und VDZ die Entscheidung. Auch wenn der verabschiedete Text nicht alle eigenen Vorstellungen berücksichtige, sehen sie in dem neuen Schutzrecht doch "ein wichtiges Element eines fairen Rechtsrahmens für die digitale Welt". Die Herausgeber erhielten damit einen Anspruch, der anderen Werkmittlern längst zustehe. Er erlaube es ihnen, "selbst zu verfügen, unter welchen Bedingungen ihre Inhalte von Suchmaschinen und Aggregatoren zu gewerblichen Zwecken genutzt werden". Dies sei ein richtiges Signal, das den "Wert journalistischer Inhalte und der freien Presse unterstreicht".

Die Gegner des Vorhaben setzen ihre Hoffnungen jetzt zunächst auf die Länder. "Wir werden dafür kämpfen, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen", erklärte Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes der Grünen. Aus den Reihen der SPD waren ähnliche Töne zu hören. Die vom Bundestag abgesegnete Urheberrechtsänderung bedarf zwar keiner Zustimmung des Bundesrats. Dieser kann jedoch Einspruch erheben und den Vermittlungsausschuss anrufen.

"Ich erwarte mir in so einem Fall, dass wir die ganzen Bedenken, die in den letzten Tagen mehr oder weniger lapidar vom Tisch gewischt wurden, gründlich und mit allen Interessensvertretern diskutieren und überprüfen", sagte die CSU-Netzpolitikerin Dorothee Bär der "Welt". Sie hatte zusammen mit fünf weiteren Volksvertretern von Schwarz-Gelb wie Peter Tauber, Sebastian Blumenthal oder Jimmy Schulz gegen den Entwurf gestimmt, zwei weitere Unionsvertreter hatten sich enthalten. Dann könne eine saubere Lösung gefunden werden, wünscht sich Bär, "die den Namen Kompromiss auch verdient".
(js)