Polizeistatistik: Verbreitung von Kinderpornographie im Internet ist rückläufig

Nach den Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2008 haben Besitz und Verschaffung von Kinderpornographie um 24,1 Prozent abgenommen. Die Computerkriminalität stieg leicht an, die Zahl der Straftaten mit "Tatmittel Internet" ging zurück.

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Von
  • Holger Bleich

Am heutigen Montag hat Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble in Berlin die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) (PDF-Datei) für das Jahr 2008 vorgestellt. In die PKS fließen alle Ermittlungsverfahren der deutschen Staatsanwaltschaften nach einem Anfangsverdacht ein, unabhängig davon, ob sie in eine strafrechtliche Verurteilung münden und ob die Ermittlungen erfolgreich abgeschlossen werden konnten.

Mit Spannung erwarteten Befürworter und Gegner von Kinderpornographie-Sperren im Web die aktuellen Entwicklungen zu diesem Thema in der Statistik. Schäuble ging auf diese Thematik nicht ein, allerdings lassen sich in der gleichzeitig veröffentlichten Broschüre des Innenministeriums erste Analysen finden. Demnach ist im Deliktbereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern 2008 der niedrigste Wert (ein Rückgang um 5,6 Prozent auf 12.052 Fälle) seit 1993 zu verzeichnen.

Besonders relevant im Zusammenhang mit der Diskussion um die Internetsperren ist der Deliktbereich "Besitz und Verschaffung von Kinderpornographie gemäß Paragraf 184b StGB". Befürworter eines Sperrgesetzes argumentieren stets mit angeblich stark ansteigenden Fallzahlen. Auch in der Begründung zum Gesetzentwurf wird mit dieser Steigerung eine Notwendigkeit von Internetsperren gerechtfertigt.

Der Besitz und die Verschaffung von Kinderpornographie habe im Jahr 2008 um 24,1 Prozent auf 6.707 Fälle abgenommen, nachdem er 2007 noch um 94,3 Prozent zugenommen hatte. Das Innenministerium führt diesbezüglich aus: "Nach dem starken Fallzahlenanstieg im Jahr 2007 aufgrund bundesweiter Ermittlungen hinsichtlich der Verbreitung kinderpornographischen Materials im Internet gingen die Fallzahlen nach Abschluss einiger Großverfahren wieder deutlich zurück. Der Anstieg der Fallzahlen bei der Verbreitung pornographischer Schriften ist auf die verstärkten Bemühungen der Polizei und anderer Akteure zur Aufhellung des Dunkelfeldes in diesem Bereich zurückzuführen."

Damit bestätigt das Ministerium, was unter anderem von c't bereits vor einigen Wochen analysiert wurde: In die in der PKS 2007 registrierte Steigerung floss die bis dato größte Ermittlungsaktion "Operation Himmel" teilweise ein, bei der Ende 2007 12.000 Verfahren wegen des Zugriffs auf dieselben Inhalte eines Servers eröffnet wurden. Nach c't-Recherchen sind aber hochgerechnet mindestens die Hälfte dieser Ermittlungsverfahren von den Staatsanwaltschaften wieder eingestellt worden, weil der Verdacht fallen gelassen wurde.

Insgesamt ging laut der polizeilichen Kriminalstatistik die Zahl aller polizeilich registrierten Straftaten im Vergleich zum Jahr 2007 um 2,7 Prozent auf 6.114.128 zurück, die Zahl der Fälle pro 100.000 Einwohner sank um 2,6 Prozent auf 7.436. Aufgeklärt wurden 3.353.473 Fälle – die Aufklärungsquote lag laut der PKS bei 54,8 Prozent und damit 0,2 Prozentpunkte unter dem Jahr 2007.

15 Bundesländer vergeben für Straftaten, die den Online-Bereich betreffen, die sogenannte Sonderkennung "Tatmittel Internet". Mit diesem Merkmal wurden 2008 167.451 Straftaten erfasst, ein Rückgang von 6,5 Prozent. Überwiegend seien dabei Betrugsdelikte (76,7 Prozent nach 72,6 Prozent im Jahr 2007) registriert worden.

Die registrierte Computerkriminalität allgemein sei 2008 um 1,1 Prozent auf 63.642 Fälle gestiegen. Das ist laut PKS "überwiegend in der Steigerung der Fallzahlen beim Ausspähen, Abfangen von Daten einschließlich Vorbereitungshandlungen (+60,0 Prozent)" begründet – zurückgeführt wird dies von der Polizei auf zunehmende Nutzung des Internet für Onlinebanking und Internetshopping. Zu der Steigerung habe auch die "Fälschung beweiserheblicher Daten" und die "Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung" (ein Zuwachs von 29,4 Prozent) sowie der "Computerbetrug" (plus 4,5 Prozent) beigetragen. Rückläufig seien dagegen die "Softwarepiraterie" (ein Rückgang um 37,8 Prozent) und der "Betrug mittels Debitkarten mit PIN" (minus 6,5 Prozent).

Siehe dazu auch:

(hob)