Anzeige wegen Datenausspähung in der Steueraffäre

Zwei renommierte Berliner Anwälte haben einem Bericht zufolge die Bundesregierung und den Bundesnachrichtendienst wegen Anstiftung zur Ausspähung von Daten im Liechtensteiner Steuerbetrügerskandal angezeigt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 640 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Zwei renommierte Berliner Anwälte haben die Bundesregierung und den Bundesnachrichtendienst (BND) wegen Anstiftung zur Ausspähung von Daten und Untreue im Liechtensteiner Steuerbetrügerskandal angezeigt. Dies berichtet die Tageszeitung Die Welt, die zugleich auch ein Interview mit einem der Kläger, dem Strafverteidiger Ferdinand von Schirach, bringt. Es sei in der Geschichte der Bundesrepublik ein wohl einmaliger Vorgang, dass sich die Regierung mit einem Straftäter zusammengetan habe, "um über 1000 eigene Bürger verfolgen zu können", erläuterte der Jurist sein Einschreiten. Es beständen "sehr gute Aussichten, dass zumindest das Bundesverfassungsgericht sagen wird, dass der Staat nie so handeln darf".

Der BND hat einem Informanten in Liechtenstein zwischen vier und fünf Millionen Euro für eine DVD mit Kontoauszügen und anderen Beweisen für die mutmaßliche Steuerhinterziehung reicher Deutscher gezahlt. Prominentestes Opfer der Affäre ist bislang der inzwischen zurückgetretene Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel. Laut von Schirach kann es aber nicht angehen, dass die Bundesregierung einem Straftäter Geld zahle, sich sehenden Auges in die Nähe von Straftaten rücke und später behaupte, die Daten seien alle gerichtlich verwertbar. Die Übergabe der DVD sei nach Liechtensteiner Recht ein schweres Verbrechen gewesen. Die Bundesregierung habe natürlich auch gewusst, dass ein normales Auskunftsersuchen an die betroffene Bank aufgrund des Liechtensteiner Bankgeheimnisses nicht zum Erfolg geführt hätte. Deshalb aber einen illegalen Weg einzuschlagen, müsse einem Rechtsstaat fremd sein.

In scharfer Form sprach zudem Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein in Vaduz am heutigen Dienstag von einem "vollkommen überrissenen Angriff" gegen das Fürstentum. Er warf den deutschen Behörden zugleich "Hehlerei im großen Stil" vor. Der Erbprinz drohte der Bundesrepublik mit rechtlichen Schritten, um Bürger und Anleger "vor derartigen Untersuchungsmethoden, die in Liechtenstein gesetzlich nicht gedeckt sind, zu schützen". In seinem Lande würden fiskalische Interessen nicht über rechtsstaatliche Prinzipien gehen. Das Vertrauen auf die Privatsphäre der Bürger sei in dem Fürstentum von besonderer Bedeutung. Die Bundesregierung habe zudem bewusst eine überzogene Medienkampagne gegen Liechtenstein gestartet. Das Bundesfinanzministerium in Berlin wies die Vorwürfe zurück: "Es gibt keinen Angriff auf Liechtenstein", sagte ein Sprecher. "Es gibt einen Angriff auf deutsche Kriminelle."

Das Fürstentum erwägt nun offenbar ebenfalls rechtliche Schritte gegen die Bundesregierung. "Wir treffen zurzeit verschiedene rechtliche Abklärungen im Zusammenhang mit den illegal in Liechtenstein beschafften Bankdaten", erklärte der liechtensteinische Justizminister Klaus Tschütscher der Börsen-Zeitung. Vermutungen, dass Sicherheitsvorkehrungen der betroffenen LGT-Bank im Zug der Steueraffäre umgangen worden seien, wies er entschieden zurück: "Wenn ich an die Panzerknackerbande denke: Wir sind hier in Liechtenstein und nicht in Entenhausen."

Siehe dazu auch in Telepolis:

(Stefan Krempl) / (jk)