Europarat fordert Rechte für Terrorverdächtige

Menschen, die als Terroristen oder deren Unterstützer verdächtigt werden und auf einer UN-Terrorliste landen, sollen nach Meinung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats einen Rechtsschutz bekommen und zu den Anschuldigungen gehört werden.

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Die Parlamentarische Versammlung des Europarates, einem weit über die EU hinausreichenden Staatenbund mit 47 Mitgliedsstaaten, hat heute eine Resolution verabschiedet, in der für Personen, die auf einer Terrorliste der Vereinten Nationen stehen, ein minimaler Rechtsschutz gefordert wird. Außerdem sollen die Verdächtigen über die Anschuldigungen informiert werden. Der Terrorismus müsse effizient bekämpft werden, allerdings müssten dabei Gesetze und Menschenrechte beachtet werden. Dabei hätten die UN und die EU eine Vorbildfunktion, heißt es in der Resolution.

Grundlage der Resolution und der heutigen Beratungen war ein Bericht, den der Berichterstatter der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Dick Marty im November vorigen Jahres vorgestellt hatte. Eine seiner Schlussfolgerungen lautete: Für eine Privatperson, die nur aufgrund "vager Verdachtsmomente" in das Visier des US-Geheimdienstes CIA geraten sei, bedeute ein solcher Eintrag eine "zivile Todesstrafe". Anlass für seine Untersuchungen war das Schicksal von Youssef Nada, italienischer Geschäftsmann ägyptischer Herkunft. Er geriet vor fünf Jahren auf die UN-Terrorliste. Die CIA hatte ihn verdächtigt, zu den Geldgebern der Attentäter des 11. September 2001 zu gehören. Nadas Konten wurden gesperrt, seine Reisemöglichkeiten beschränkt, ohne dass er sich zu den Vorwürfen äußern konnte.

Marty stellt dabei die Terrorlisten nicht grundsätzlich infrage. Es sei sogar besser, gezielt gegen Terrorverdächtige vorzugehen und zu versuchen, ihre Finanzmittel auszutrocknen, als Sanktionen über ganze Länder zu verhängen, heißt in der Resolution. Den Betroffenen müsse aber ein Minimum an Rechten gewährt werden. Sie müssten zu ihrem Fall gehört werden und im Notfall eine unabhängige Instanz anrufen können, die ihren Fall überprüft; eine solche Instanz gibt es aber nicht.

Auch der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof Poiares Maduro kritisiert den Umgang mit Terrorverdächtigen durch die UN. Dabei geht es um ein Berufungsverfahren des Saudi-Arabiers Yassin Abdullah Kadi, dessen Vermögen eingefroren worden war. Maduro erläutert in seinem vorige Woche gestellten Schlussantrag, dass Kadis Recht auf Eigentum, sein Anspruch auf rechtliches Gehör und sein Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verletzt worden sei.

Kadi war vom Sanktionsausschuss des UN-Sicherheitsrats als Terrorismusunterstützer benannt worden. Nach einer Reihe von Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sind die UN-Mitgliedsstaaten verpflichtet, Gelder und andere Finanzmittel, die direkt oder indirekt von diesen Personen kontrolliert werden, einzufrieren. Kadi klagte gegen die Aufnahme in die Liste der Europäischen Gemeinschaft und scheiterte damit beim EU-Gericht erster Instanz. Maduro fordert, das Urteil aufzuheben. Der Gerichtshof solle selbst endgültig darüber entscheiden, ob die Verordnung Kadis Grundrechte verletzt, anstatt die Sache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen. (anw)