IETF und Pots: Vorbereitungen auf das Ende des "plain old telephone system"

Das klassische Telefonsystem (Pots) wird langsam abgelöst, doch die IP-Telefonie hat noch zahlreiche Kinderkrankheiten. Die US-Kommunikationsbehörde FCC beginnt mit einer Bestandsaufnahme für den Übergang.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 316 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Das klassische Telefonsystem wird abgelöst, doch die IP-basierten Nachfolger haben noch Kinderkrankheiten, etwa beim Notruf, der Qualität und der Vertraulichkeit. Bei der Federal Communication Commission (FCC) startet daher am kommenden Montag die Ende vergangenen Jahres eingesetzte „Technology Transitions Policy Task Force“ ihre Konsultationen. Ziel der Task Force sei eine Bestandsaufnahme, sagte FCC Chief Technology Officer Henning Schulzrinne zum Auftakt der 86. Internet Engineering Task Force (IETF) am Montag in Orlando. Gleichzeitig müsse IP-basierte Telefonie ganz schnell „erwachsen werden“, sagte Schulzrinne den IETF-Entwicklern.

Wird das klassische Telefonsystem bald in Frieden ruhen?

(Bild: Internet Architecture Board)

Einen Abschalttag für das Pots (plain old telephone system) – wie etwa bei digitalem Fernsehen – werde es nicht geben, versicherte Schulzrinne. Der FCC-Techie, in den vergangenen Jahren selbst einer der aktivsten Autoren bei der IETF, verglich den Umbau eher mit der allmählichen Ablösung von Ipv4 durch IPv6. Das Ende von Pots gehe einher mit drei Migrationsprozessen: dem von Kupfer zu Glasfaser, dem von drahtgebundener zu mobiler Kommunikation und dem von „switches zu packets“.

Wirtschaftlicher Druck und dramatisch veränderte Nutzungsgewohnheiten – 34 Prozent der erwachsenen US-Bürger haben gar kein Festnetz mehr – schieben den Umbau an. Glas ist einfacher zu warten, die teuren Switches gehen wegen Altersschwäche allmählich vom Netz. Ein wachsendes Problem aus Sicht der Regulierer: Die Gestehungskosten für den klassischen Anschluss, für Nutzer in ländlichen „Nichtausbaugebieten“ unverzichtbar, schnellen wegen abnehmender Masse in die Höhe. Die FCC rechnet mit einem Preissprung von 2,50 US-Dollar auf 17,57 US-Dollar. Solche Veränderungen rücken die Frage nach der Zukunft des Universaldienstes in den Brennpunkt, denn auch die Beitragszahlungen, die eingesetzt werden, um Konnektivität trotz solcher Preisunterschiede überall zu gewährleisten, sind rückläufig.

Universelle Erreichbarkeit und Sicherheit – sichere Notfallkommunikation und Absicherung gegen Caller-ID-Spoofing oder „Robocalling“ im großen Stil sind die Dinge, in denen die IP-Entwickler dringend nachlegen müssen, sagte Schulzrinne. Will die „Technology Transitions Policy Task Force“ die Grundsätze regulatorisch durchsetzen? Schulzrinne wischte die Frage erst einmal beiseite. Man engagiere sich bei der IETF, um bestimmte Entwicklungen voranzutreiben, sagte er gegenüber heise online. In der laufenden Woche gibt es in Orlando auf die Initiative der FCC ein Vorbereitungstreffen für eine IETF-Arbeitsgruppe zur flächendeckenden, standardisierten Messung der Qualität von Breitbandverbindungen.

Angenommen haben sich Gesetzgeber und Regulierer schon einmal des Spoofing-Problems (Caller ID Act) sowie der Frage, wer künftig klassische e164-Telefonnummern vergeben darf. Die sind nämlich trotz des drohenden Ablebens von Pots quicklebendig, versicherte Schulzrinne, weil immer mehr „Maschinen“ vom Tablet bis zur Verkehrsampel damit ausgerüstet werden. Aktuell sind rund 750 Millionen vergeben, Tendenz steigend bis auf geschätzte 900 Millionen im Jahr 2015. Der scheidende FCC Vorsitzende Julius Genachowski will laut dem Magazin Politico die Vergabe klassischer Ortsrufnummern auch VoIP-Providern öffnen. (axk)