Max-Planck-Institut kritisiert geplante Urheberrechtsreform

Die "hehren Ziele" der Initiative des Justizministeriums für Open Access und die einfachere Nutzung verwaister oder vergriffener Werke könnten nach Ansicht der Forscher durch "erhebliche Schwächen der Vorlage" verfehlt werden.

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Der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums für ein Gesetz zur Nutzung verwaister oder vergriffener Werke ist nach Ansicht des Max-Planck-Instituts für Immaterialgüterrecht (MPI) in vielen Bereichen verbesserungswürdig. In dem Vorstoß "steckt mehr Diskussionsstoff, als es auf den ersten Blick den Anschein hat", schreiben die MPI-Forscher in ihrer Stellungnahme (PDF-Datei). Es sei gerade angesichts der knappen Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode zu befürchten, dass die "an sich hehren Ziele" der Initiative aufgrund "erheblicher Schwächen der Vorlage" verfehlt würden.

Als nicht konsequent genug kritisieren die Experten den Teil der Reform, durch die ein "Open Access"-Anspruch begründet werden soll. Hinter diesem Ansatz stehe allgemein die Hoffnung, Forschungsergebnisse offen und frei ohne Umweg über Verleger zugänglich zu machen. Die MPI-Forscher setzen dabei vor allem auf den "goldenen Weg" von Open Access, bei dem die Autoren selbst einmalig die Kosten für die redaktionelle Aufbereitung einer Veröffentlichung tragen. Dem Justizministerium gehe es dagegen allein um den "grünen Weg", bei dem eine Zweitveröffentlichung im Netz eine bestimmte Zeit nach der Erstpublikation in einer kommerziellen Fachzeitschrift ermöglicht werden soll.

Artikel-Sammlungen im Netz könnten zwar eine gewisse Archivfunktion übernehmen, meinen die MPI-Forscher. Dies könne vor allem wichtig sein, wenn Verlage Wissenschaftsdaten nicht selbst online zur Verfügung stellten. Daneben dürfe der Nutzen solcher Depots aber nicht überschätzt werden. Die vom Entwurf vorgesehene Übergangsfrist von zwölf Monaten etwa sei für viele Forschungsbereiche wie die Medizin viel zu lange. Doch selbst, wenn solche Parallelveröffentlichungen in "Echtzeit" erfolgen würden, fehle den Archiven ein einheitliches Ordnungssystem. Da zudem keine "formatgleiche" Zweitpublikation erlaubt werden solle, blieben Wissenschaftler zum zweifelsfreien Zitieren doch auf die kommerzielle Erstveröffentlichung angewiesen.

Nicht weit genug gehen dem MPI auch die geplanten Vorgaben für verwaiste oder vergriffene Werke. Zunächst scheine der Entwurf zwar die einschlägige EU-Richtlinie konsequent umzusetzen. Beim näheren Hinschauen werde aber deutlich, "dass zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten ungenutzt bleiben". Teils würden gar kontraproduktive Vorschläge gemacht, kritisieren die Forscher. So werde eine von Brüssel erlaubte Beschränkung nachträglicher Ansprüche nicht eingeführt. Damit werde ein "erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit" geschaffen; die Richtlinie drohe hierzulande "regelrecht ins Leere zu laufen". Auch im Detail hätten viele gewählte Formulierungen negative Auswirkungen auf die Allgemeinheit und stützten allein die Rechteinhaber. (vbr)