Französische Kulturministerin will Schnellverfahren gegen Filesharer

Die Regierung plant das gekürzte Hadopi-Gesetz mit einem Abschnitt zu vervollständigen, der beschleunigte Verfahren für Internet-Sperren vorsieht, die Bußgeldverfahren bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ähneln.

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Von
  • Thomas Pany

Wie angekündigt hat die französische Regierung die gekürzte Fassung des "Gesetzes zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet" am Wochenende in Kraft gesetzt und im Gesetzblatt Journal Officiel veröffentlicht. Bis Ende Juni, spätestens Anfang Juli will die zuständige Kulturministerin Christine Albanel nun die ergänzende Passage nachreichen, welche die umstritteten Internet-Sperren neu regelt.

Der Verfassungsrat hatte die Sperren, wie sie in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vorgesehen waren, am 10.Juni als "verfassungswidrig" erklärt. Das Verfassungsgericht bemängelte insbesondere, dass ein Richter über die Internet-Sperre entscheiden müsse und nicht eine Behörde, wie es die Regierung in Form der HADOPI vorgeschlagen hatte.

Wie Albanel bei einer Fragestunde im Parlament verkündete, beabsichtigt sie einen "kurzen Text" als Gesetzesergänzung. Er soll den pädagogischen Charakter des Gesetzes betonen und beschleunigte Gerichtsverfahren ermöglichen.

Führende Mitarbeiter des Kulturministeriums präzisierten die Aussage Albanels dahingehend, dass man an Verfahren denke, die im Gegensatz zu Zivilgerichten der ersten Instanz nicht von drei, sondern nur von einem einzigen Richter geleitet werden. Darüber hinaus will man das Verfahren zur Sperre von mutmaßlichen Urheberrechtsverletzern an nichtöffentliche Bußgeldverfahren ("ordonnances pénales") angleichen, die bei Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr angewandt werden.

Die Kontrollbehörde HADOPI werde die Anklageschriften bei mehrmaligen Verstößen gegen das Urheberrecht bei Gericht einreichen. Die Kulturministerin zeigte sich überzeugt, dass das System der Mahnungen, die die HADOPI verschickt, einen ausreichenden Abschreckungseffekt habe, sodass eine Überlastung der Gerichte vermieden würde.

Kritiker weisen darauf hin, dass der Vorschlag des Kulturministeriums nicht der Entscheidung des Verfassungsgerichts entspreche, da auch das vorgeschlagene Schnellverfahren mit einem Richter die Unschuldsvermutung nicht ausreichend berücksichtige. Der Beweis, dass nicht er selbst, sondern ein anderer die unlizenzierte Kopie aus dem Internet heruntergeladen habe, sei auch bei dieser Rechtsprechung noch immer vom Beschuldigten zu führen. Der Verfassungsrat hatte am kassierten Entwurf zum Internet-Sperren-Gesetz auch bemängelt, dass es die Beweislast umkehre und damit der Unschuldsvermutung widerspreche, wie sie in Artikel 9 der Menschenrechtserklärung von 1789 verankert ist. ()