Ehrgeizige Brics-Staaten fordern Europa und USA heraus

Die fünf Brics-Staaten formieren sich zunehmend als globale Wirtschaftsmacht. Auf ihrem Gipfel in Durban sollen ehrgeizige Pläne angeschoben werden. Ägypten würde gerne Mitglied werden. Südafrika möchte ganz Afrika mit einbeziehen.

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Von
  • Andreas Landwehr
  • Laszlo Trankovits
  • dpa

Am klarsten formuliert Moskau den neuen Machtanspruch. Ein Strategiepapier der Regierung spricht laut der Zeitung Kommersant von "einer Verschiebung der globalen Machtzentren zugunsten der wirtschaftlich aufstrebenden Brics-Staaten" Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Ziel sei es, den Westen zurückzudrängen und den Brics-Einfluss zu steigern. Brics könne "den Kern einer neuer Weltordnung bilden".

Zwar betonte Russlands Präsident Wladimir Putin kurz vor dem Brics-Gipfel am Dienstag und Mittwoch in Durban (Südafrika), Brics sei kein "geopolitischer Konkurrent" für den Westen. Aber er sprach sich gleichzeitig für ein "strategisches Zusammenwirken" der neuen Staatengruppe "zur Lösung der weltpolitischen Schlüsselprobleme" aus. In Durban wollen die Staats- und Regierungschefs mit ehrgeizigen Plänen einen großen Schritt zur globalen Wirtschaftsmacht machen. Für die traditionellen Wirtschaftsmächte Europa und USA bedeuten diese eine kaum verhohlene Herausforderung.

"Die Brics sind ein Schock für die gegenwärtige Weltordnung. Aber der Schock besitzt positive Energie. Das ist gut für die Welt", kommentierte die chinesische Zeitung Guangming Ribao. Wie wichtig Peking die Fünfer-Gruppe nimmt, zeigt auch, dass die erste Auslandsreise des neuen Präsidenten Xi Jinping nach Russland und dann zum Brics-Gipfel führt.

Am deutlichsten zeigt sich der Ehrgeiz der fünf Staaten, die zusammen 40 Prozent der Weltbevölkerung stellen, in den Plänen für eine Brics-Entwicklungsbank. Sie soll Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte finanzieren und wäre auch eine Konkurrenz für Weltbank und Internationalen Währungsfonds. Beide in Washington ansässigen Institutionen werden von den Industriestaaten des Westens dominiert.

Es gehe nun darum, "die alternde internationale Finanzarchitektur zu transformieren", formulierte der Abgesandte Putins, Mikhail Mergelov, im südafrikanischen Pretoria. In Planung sind auch ein ständiges Brics-Sekretariat, eine Brics-Bank und ein Antikrisenfonds.

Allerdings wissen die Politiker und 5000 Delegierten in Durban auch um die Differenzen und Probleme der erst 2009 fast schon zufällig formierten Staatengruppe. Denn ihren Namen Bric – zunächst ohne Südafrika – haben sie dem Goldman-Sachs-Banker Jim O'Neill zu verdanken. Inzwischen ist aus der Wortschöpfung des britischen Finanzexperten über die rasant wachsenden Schwellenländer eine machtvolle Organisation geworden.

Die Brics-Partner unterschieden sich aber gravierend in ihren jeweiligen wirtschaftlichen und politischen Systemen. Sie haben auch viele teils gegensätzliche Interessen wie bei der Erweiterung des UN-Sicherheitsrats, dem Grenzkonflikt zwischen China und Indien, der Konkurrenz um Rohstoffe und Land vor allem in Afrika. Auch über die Standorte neuer Brics-Institutionen gibt es Differenzen. Den Sitz der Entwicklungsbank möchten Moskau, Shanghai und Kapstadt haben.

Über die Brics-Perspektiven gibt es auch manche Ernüchterung. Zwar haben die Staaten seit langem ein enormes Wirtschaftswachstum, Außenhandel und Auslandsinvestitionen zogen rasant an. Kühne Prognosen, wonach die Brics-Staaten wirtschaftlich bald die EU und die USA einholen, haben sich allerdings nicht erfüllt. Nur China ist es gelungen, ein globaler Wirtschaftsgigant zu werden.

Am wenigsten Wirtschaftsmacht unter den Brics-Staaten hat Südafrika – das sich aber als Tor zum afrikanischen Kontinent versteht. Ökonomen wie O'Neill glauben, dass Mexiko, Indonesien oder die Türkei viel besser zu Bric gepasst hätten als Südafrika. Aber Afrikas einziges Schwellenland war für Peking, Neu Delhi, Moskau und Brasilia vor allem wegen der wachsenden Bedeutung des Kontinents wichtig.

Auch politisch gewinnt Brics an Gewicht. Das belegen derzeit Stimmen aus der arabischen Welt. Syriens Präsident Baschar al-Assad rief die Brics-Länder auf, zur Beendigung des Konflikts in seinem Land beizutragen. Ägyptens Präsident Mohammed Mursi teilte mit, dass sich Ägypten Brics anschließen möchte. Er hoffe, dass es bald schon "E-Brics" (E für Egypt) heißen werde. (anw)