Jimmy Wales: "Man muss den Nutzern einen Grund geben"

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist ein Teilnehmer dabei, der vor wenigen Jahren noch vollkommen unbekannt war: Jimmy Wales. Im Gespräch mit c't erläuterte er seine Beweggründe und die weiteren Ziele für Wikipedia und Wikia Search.

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Von
  • Torsten Kleinz

Wenn die Spitzen von Politik und Wirtschaft in diesen Tagen beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos zusammenkommen, ist ein Teilnehmer dabei, der vor wenigen Jahren noch vollkommen unbekannt war: Jimmy Wales. Seit dem Erfolg der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia gilt Wales als Vordenker der digitalen Wissensgesellschaft. In einem Interview mit der c't sprach der 41-jährige Unternehmer über den Erfolg der von ihm gegründeten Online-Enzyklopädie und sein neues Projekt Wikia Search.

Seit dem Erfolg der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia gilt Jimmy Wales als Vordenker der digitalen Wissensgesellschaft

"Wer glaubt, dass Menschen umsonst für eine Firma arbeiten, hat ein merkwürdiges Weltbild", sagt Wales, der mit Hilfe Freiwilliger eine neue Art von Suchmaschine auf die Beine stellen will. "Man muss den Menschen einen Grund geben, das zu tun, was sie tun." Ziel sei es, menschliche Intelligenz in den Suchprozess zu integrieren und gleichzeitig offenzulegen, wie die Rangfolge der Suchergebnisse zustande kommt. Von der zum Teil scharfen Kritik an dem holprigen Start der neuen Suchmaschine will sich Wales nicht entmutigen lassen: Das Projekt sei erst im Aufbau – wie es sich noch entwickeln werden, hänge ganz von der Beteiligung der Nutzer ab.

Dem Modell einer sozialen Suchmaschine mit bezahlten Redakteuren wie beim Konkurrenten Mahalo erteilt Wales eine Absage: Zwar sei es schön, wenn man die Beteiligten am Erfolg eines Projekts beteiligen könne – in der Praxis habe er aber noch keine funktionierenden Modelle gesehen.

Dass die Arbeit von Freiwilligen nicht immer ausreicht, um alle Ziele zu erreichen, hat Wales bei seinem Projekt Wikipedia gesehen. So will sich die Wikimedia Foundation darauf konzentrieren, Kooperationen mit anderen Organisationen einzugehen, die die freie Online-Enzyklopädie in Entwicklungsländern voranbringen sollen. "Mit uns zu verhandeln, war teilweise wie mit einem Zirkus zu reden", sagt Wales rückblickend. Mit neuen Büros in San Francisco und der neuen Geschäftsführerin Sue Gardner soll das anders werden.

Peinlich nennt Wales die Verzögerungen, die es bei einzelnen Projekten wie den stabilen Artikelversionen in der Wikipedia gegeben habe. Nicht nur die geringen Ressourcen hätten die Einführung neuer Qualitätsmechanismen verhindert, es sei auch sehr schwer, Neuerungen in der Wikipedia einfach auszuprobieren: "Wenn man ein solches Experiment startet, kann man es nicht einfach zum Misserfolg erklären und rückgängig machen", sagt Wales.

Damit die Arbeit der Community besser planbar ist, ist die Wikimedia Foundation nun eine Kooperation mit der Universität Maastricht eingegangen: Eine Gruppe von Wissenschaftlern, die schon die Motivation von Nutzern und Entwicklern von Firefox und Linux untersucht hat, wird sich nun der weithin unbekannten Wikipedia Community widmen. "Überaschenderweise gibt es bisher nur wenige Daten darüber, wie und warum Wikipedaner an dem Projekt teilnehmen – oder wer sie überhaupt sind", sagt Rishab Aiyer Ghosh, Leiter der Collaborative Creativity Group. In den nächsten Monaten will die Gruppe umfangreiche Studien in mehreren Ländern durchführen, um der Wikipedia Community auf die Spur zu kommen.

Das vollständige Interview mit Jimmy Wales ist online nachzulesen in c't – Hintergrund:

(Torsten Kleinz) (jk)