Studie: Was Mobilfunkdaten über Handy-Nutzer verraten

Anhand der Standortdaten von Mobiltelefonen lassen sich deren Inhaber genauer ausmachen als über ihre eigenen Fingerabdrücke, haben Forscher anhand der Analyse der Informationen von über 1,5 Millionen Nutzern herausgefunden.

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Anhand nicht-personalisierter Standortdaten von Mobiltelefonen lassen sich deren Inhaber genauer ausmachen als über ihre eigenen Fingerabdrücke, haben Forscher des MIT, der Katholischen Universität Löwen, der Harvard-Universität und einer chilenischen Hochschule in einer gemeinsamen Studie herausgefunden. Die Wissenschaftler haben dazu die von einem Handy ausgestrahlten Aufenthaltsinformationen von 1,5 Millionen Nutzern aus der jeweils verwendeten Funkzelle eines Netzbetreibers analysiert.

Laut einem im Magazin Nature jetzt veröffentlichten Bericht "Einzigartig in der Menge: die Grenzen der Privatsphäre menschlicher Mobilität" reichen vier willkürliche ausgewählte, zeit- und ortsbezogene Informationen aus der Mobilkommunikation aus, um 95 Prozent der dahinterstehenden Individuen allein anhand ihrer Bewegungsmuster zu identifizieren. Mit nur zwei Fixpunkten, die über den Aufenthalt eines Nutzers in einer bestimmten Funkzelle zu einer gewissen Zeit Auskunft geben, sei immer noch die Hälfte der "Probanden" eindeutig charakterisierbar.

Der Netzbetreiber stellte den Forschern umfangreiche Datensätze anonymisiert zur Verfügung. Er soll sich auf einen repräsentativen Teil der Bevölkerung "eines kleinen europäischen Landes" beziehen und zwischen April 2006 und 2007 angefallen sein. Die Informationen wurden jedes Mal verknüpft mit dem nächsten Sendemast aufgezeichnet, wenn ein Kunde etwa einen Anruf entgegennahm oder auslöste beziehungsweise eine SMS verschickte oder empfing. Durchschnittlich interagierte so ein Nutzer rund 114 mal pro Monat mit seinem Mobiltelefon, wobei dieses in 6500 Funkzellen eingebucht war.

Mithilfe komplexer mathematischer und statistischer Analyse entdeckten die Wissenschaftler eine Formel, um die Einzigartigkeit der menschlichen Mobilität zu beschreiben. Sie seien selbst erstaunt gewesen, wie einfach die Besonderheiten individueller Bewegungen in der Masse auszumachen gewesen seien. Es seien kaum Informationen von außen nötig, um ein typisches Muster für einzelne Nutzer selbst in dem großen Datenset ausfindig zu machen. Die Forscher sehen in ihren Ergebnissen Anlass zur Sorge, da immer mehr Datensätze von Mobilfunkanbietern mehr oder weniger frei verfügbar seien.

Wie durchsichtig Handy-Nutzer prinzipiell sind, hatte der Grüne Malte Spitz anhand einer Visualisierung seiner von T-Mobile eingeklagten Standortdaten vor zwei Jahren bereits gezeigt. Die Informationen über Aufenthaltsorte, Uhrzeiten, die Zahl der ein- und ausgehenden Anrufe und SMS sowie die Dauer der Verbindungen zum Internet wurden dafür mit öffentlich verfügbaren Zusatzdaten wie Tweets oder Blogeinträgen kombiniert und in einem animierten Bewegungsprofil dargestellt. Spitz wollte damit gegen die Wiedereinführung der 2010 vom Bundesverfassungsgericht gekippten Vorratsdatenspeicherung demonstrieren. (anw)