Geologen fordern Einführung des Anthropozäns als neues Erdzeitalter

Nach Ansicht britischer Wissenschaftler ist der Einfluss der Menschheit auf die geologischen Vorgänge unseres Planeten spätestens seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts so groß, dass ein Zeitabschnitt der Erdgeschichte danach benannt werden müsste.

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Von
  • Florian Rötzer

Britische Geologen haben in einem Artikel für die Zeitschrift GSA Today gefordert, dass die Internationale Stratigraphische Kommission (ICS) ein neues Zeitalter mit dem Namen Anthropozän einführen soll. Den Begriff hat der Meteorologe Paul Crutzen vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, der 1995 den Chemie-Nobelpreis für seine Entdeckung des Ozonlochs erhielt, schon seit einigen Jahren vorgeschlagen, um darauf hinzuweisen, dass seit dem Industriezeitalter die Menschheit die Erde auf globaler Ebene beeinflusst.

Das frühe Holozän sei gekennzeichnet gewesen durch einen Anstieg der globalen Temperaturen und des Meeresspiegels. Beides habe sich vor etwa 10.000 Jahren auf einer bis vor kurzem konstanten Höhe mit geringen Schwankungen stabilisiert. Das sei die mindestens seit 400.000 Jahren stabilste Phase gewesen und habe eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der menschlichen Kultur gespielt. Im Holozän hätten die Menschen, auch wenn sich Ablagerungen beispielsweise aus Waldrodungen seit der griechisch-römischen Kultur in arktischen Eiskernen feststellen lassen, noch keine neuen, globalen Veränderungen verursacht.

Nach Ansicht der Wissenschaftler lässt sich seit Beginn des Industriezeitalters der Einfluss der Menschheit immer deutlicher belegen, was nicht zuletzt auch mit der Bevölkerungsexplosion zu tun hat. Die Menschen hätten seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine massive Zunahme der Erosion und der Entwässerung der Kontinente durch Landwirtschaft, Verbauung und Flussbegradigungen verursacht, was sich lithostratigrafisch niederschlage. Hinzu kommt, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre um ein Drittel höher als in vorindustriellen Zeiten liegt, der Methan-Gehalt hat sich verdoppelt. Nach Vorhersagen könnte sich langfristig eine Erwärmung wie im Tertiär ereignen.

Die Folgen wie Massenaussterben von Arten und die Ersetzung natürlicher Arten durch Monokulturen, der Anstieg der Meeresspiegel und der steigende Säuregehalt des Wassers sowie die globale Erwärmung würden geologisch Veränderungen mit sich bringen, die denen im Niozän oder Pliozän gleichen könnten. Die Wissenschaftler plädieren für die Einführung des Anthropozäns, das mit dem Jahr 1800 beginnen könnte, im Quartär. Man sei schließlich konservativ, da die jetzt zu beobachtenden Veränderungen auch das Ende des Quartärs bedeuten könnten. Das ließe sich aber auf der Basis des vorhandenen Wissens noch nicht wirklich sagen. (fr)