Vor 40 Jahren: Das erste Handy-Telefonat

Am 3. April 1973 telefonierte der Motorola-Manager Martin Cooper mit Joel Engel, dem Technik-Chef des Telefon-Riesen AT&T, erstmals über Mobilfunk.

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Von
  • Detlef Borchers

Heute vor 40 Jahren telefonierte der Motorola-Manager Martin Cooper mit Joel Engel, dem Technik-Chef des Telefon-Riesen AT&T. Cooper stand mit einem Mobiltelefon-Prototyp von Motorola auf der Sixth Avenue in New York. Über eine erste Mobilfunk-Zelle wurde der Anruf ins Festnetz geleitet. Damit war die Handy-Technik erfolgreich demonstriert worden. Es brauchte freilich vier weitere Jahre, bis das von Motorola konzipierte "Handover" von Zelle zu Zelle klaglos funktionierte. Und erst am 21. September 1983 erhielt das erste Motorola-Handy namens DynaTAC (Dynamic Adaptive Total Area Coverager) die Zulassung der Aufsichtsbehörde FCC. Der Start der neuen Technik war optimal: Zu diesem Zeitpunkt wurde der schier übermächtige Kommunikationsriese AT&T zerschlagen, der nach Kräften den Mobilfunk torpedierte.

DynaTAC

(Bild: Motorola-Archiv (Presse-Handbuch 2003) )

Die Vorgeschichte der segensreichen Erfindung ist eine militärische, da unterscheiden sich Motorola wie der spätere Handy-König Nokia überhaupt nicht. Beide produzierten Sprechfunkprodukte erst für die Armee, dann für die Polizei. Bei Motorola begann die Erfolgsgeschichte mit dem Handie-Talkie, das als Funkgerät für die Fallschirmspringer im Zweiten Weltkrieg entwickelt worden war. Das so gewonnene Know-How wurde im Polizeifunk weiterentwickelt. Gleichzeitig war Motorola von der Entwicklung eines Autotelefons ausgeschlossen, wie es von AT&T angeboten und vor nunmehr 60 Jahren in Deutschland eingeführt wurde.

Martin Cooper, der das erste Telefonat mit dem DynaTAC führte, erklärte später, dass Motorola die Defizite des Autotelefons frühzeitig erkannte, weil man frühzeitig von der Polizei hörte, dass ein Mobilgerät gewünscht wurde. "Die Sache ist doch so, dass Leute nicht in Autos oder an Wänden gefesselt sprechen wollen. Wir bauten damals Sprechfunksysteme und Pager und sahen, wie sie zu Alltagsgegenständen wurden, je kleiner sie wurden. So schaffst du eine Religion, eine Business-Religion, und die Essenz dieser Religion ist halt, dass so ein Teil nicht klein genug sein kann, dass es nicht leicht genug sein kann." Das erste Mobiltelefon wurde vom Designer Rudy Krolopp entworfen. Er hielt sich nach einigen futuristischen Entwürfen wie der funkenden Banane strikt an die Auflage, ein möglichst kleines Gerät zu entwickeln – und scheiterte am Widerstand des Managements. Das erste DynaTAC wurde so schmal gebaut, dass nur Platz für zwei Tastreihen war. Dies widersprach dem damals eingeführten Tastentelefon mit drei Tastenreihen und so geriet das erste DynaTAC breiter als von Kolopp geplant.

Marty Cooper

(Bild: Motorola-Archiv (Presse-Handbuch 2003) )

Wesentlich umfangreicher war die Erforschung der Technik, wie sich ein Telefon von Funkzelle zu Funkzelle bewegen kann. Motorola übernahm die von den Bell Labs 1946 patentierte Idee der Funkzelle und entwickelte das "Handover", bei dem das Mobiltelefon an die jeweils benachbarte Zelle weitergereicht wurde, wenn die Empfangsleistung dies zuließ. Im Jahre 1977 wurde das erste Mobilfunknetz zwischen Washington D.C. und Baltimore errichtet, doch erst im Jahre 1978 reservierte die Aufsichtsbehörde FCC die nötigen Frequenzbänder für den Mobilfunk. Die erste Zulassung eines Endgerätes brauchte bis 1983, doch dann begann mit dem DynaTAC eine Erfolgsgeschichte, trotz des happigen Preises von 3000 US-Dollar. "Die Leute akzeptierten es sofort. Sie hatten ja das Raumschiff Enterprise gesehen und alle möglichen Science Fiction-Shows, da hatte es echte Wissenschaft eigentlich schwer. Bei unserem Gerät wurde der Nutzen sofort verstanden", erinnerte sich Don Linder, der für den Verkauf der DynaTAC verantwortlich war.

Werbung fürs DynaTAC

(Bild: Motorola-Archiv (Presse-Handbuch 2003) )

Von Anfang an fuhr Motorola bei der Vermarktung eine duale Strategie: Eine Werbekampagne wandte sich an den Geschäftsmann, der viel auf Reisen ist und unter teuren Telefonrechnungen der Hotels leidet, eine andere an die Hausfrau, die beim Einkaufen in Kontakt mit Familie und Freundinnen bleiben will. Damit richtete sich Motorola an den Erfahrungen bei der Einführung des Telefons aus: Als Geschäftsapparat gestartet, wurde das Telefonieren in den USA erst zum Massenmarkt, als die Kommunikationsbedürfnisse der Hausfrau adressiert wurden. Ein weiterer Punkt bei der Entwicklung des Mobilfunks war die frühzeitige Arbeit an der Standardisierung der Technik, die bereits 1982 begann. Erst mit dem Standard Global System for Mobile Communications (GSM) konnte sich der Massenmarkt entwickeln, auch in Deutschland. Hierzulande startete die GSM-basierte Technik im Jahre 1992, 19 Jahre nach dem ersten Telefonat. (anw)