Gamescom

Leipzig bedauert den Verlust der Spielemesse

Game over in Leipzig? Die Messegesellschaft bedauert den Umzug der Branchenmesse nach Köln, will jetzt aber in Ruhe über ihre Optionen nachdenken.

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Die Games Convention zieht nicht nach Köln, Name und Marke bleiben in Leipzig. Doch am Rhein wird im kommenden Jahr vom 9. bis 13. September eine neue Messe für die Spielebranche unter dem Namen "GAMESCom" stattfinden, dieser Realität müssen sich die Leipziger stellen. Sie bedauere die Entscheidung des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), teilte die Leipziger Messegesellschaft am heutigen Montagnachmittag mit. "Das Engagement des Verbandes für die Etablierung einer neuen deutschen Branchenmesse haben wir zur Kenntnis zu nehmen", sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Leipziger Messe, Wolfgang Marzin. Auswirkungen auf die im vergangenen Jahr erstmals in Singapur ausgerichtete Tochtermesse GC Asia (18. bis 20. September 2008) sieht er zunächst nicht. Auch die größte Entwicklerkonferenz in Europa, GCDC, soll in Leipzig bleiben. Der BIU, der die zwölf größten Unternehmen der Branche repräsentiert, hatte am Morgen seine Unterstützung für den neuen Standort Köln bekannt gegeben.

Der Messe-Chef ist mit seinem Bedauern nicht allein. "Für Leipzig ist die Entscheidung des Verbandes ein herber Schlag", bilanziert Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), der die Entscheidung nicht nachvollziehen kann. "Was die Games Convention heute ist, ist sie durch und mit Leipzig." Die Argumente, dass infrastrukturelle Nachteile die Entscheidung wesentlich beeinflusst hätten, weist er für seine Stadt zurück. "Leipzig ist gut aufgestellt im Hinblick auf Service, Umfeld und Erreichbarkeit und wird in den nächsten Jahren weiter in die Infrastruktur investieren."

Der sächsische Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) spricht von einem schlechten Tag für den Messestandort Deutschland und warnt vor einem "ruinösen Wettbewerb" unter den deutschen Messestädten und spricht von "Dumpingpreisen". Vom BIU und der Kölner Messegesellschaft war zuvor vehement bestritten worden, dass finanzielle Vergünstigungen für die Verlegung ausschlaggebend gewesen sein könnten. "Eine erfolgreiche Leitmesse wurde beschädigt", sagt Jurk und weist darauf hin, dass die Messe auch durch "die Investitionen des Freistaates Sachsen" groß geworden sei. Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Manfred Kolbe meint, "die Verlagerung der Games Convention konterkariert sämtliche Bemühungen zum Aufbau Ost". Dem Bundeswirtschaftsminister dürfe es nicht egal sein, wenn eine wichtige Messe von Leipzig fortziehe.

In der Diskussion um den Standort hatte die Leipziger Messe nach eigenen Angaben dem BIU mehrfach angeboten, die Games Convention auch in einer anderen deutschen Stadt durchzuführen oder jährlich zwischen alternativen Standorten zu wechseln. Darüber hinaus seien zusätzliche Charter-Flugverbindungen für eine bessere Anbindung organisiert worden, um den Wünschen der Aussteller entgegenzukommen. Nach Angaben des BIU ist die GC in Leipzig bereits 2007 an ihre Grenzen gestoßen, sämtliche Hotels seien ausgebucht gewesen. "Das sind Themen, über die wir mit Leipzig seit Jahren geredet haben", meint dazu BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters. Jetzt habe der Verband eine Entscheidung treffen müssen, um das Wachstum der Messe sicherstellen zu können.

"Wir hätten das Konzept der Games Convention sehr gern mit unserem langjährigen Partner, dem BIU, weiterentwickelt", bedauert Marzin und wiederholt sein Angebot an die Branche: "Wir halten uns weiter zur Verfügung und geben aktiv unsere Visitenkarte ab, bis sich die komplette Branche entschieden hat". Es sei noch keine Entscheidung gefallen, ob das Konzept des BIU von der gesamten Branche mitgetragen werde. Das klingt, als hätten die Leipziger Messemacher noch einen Funken Hoffnung für eine Veranstaltung unter dem GC-Banner im kommenden Jahr. Ganz so will das ein Sprecher der Messegesellschaft nicht verstanden wissen. "Es ist alles offen", sagt er. Man wolle jetzt in Ruhe überlegen, wie Leipzig die über die Jahre gesammelte Kompetenz in der Branche einsetzen könne. Auch das Schicksal der parallel zur Messe stattfindenen Entwicklerkonferenz GCDC ist nicht klar. Das hinge auch von den Entwicklern ab, meint der Sprecher, "die haben sich in Leipzig immer sehr wohlgefühlt". Köln hatte eine die GAMESCom begleitende Konferenz angekündigt.

Für den BIU ist die Lage jetzt klar. Außer den Verbandsmitgliedern sollen auch andere Unternehmen auf Köln setzen, wie der Geschäftsführer mitteilt. Der BIU ist zuversichtlich, dass sich die Branche geschlossen hinter den neuen Standort stellt – über 500 Firmen hatten 2007 an der Games Convention teilgenommen – und der maßgebliche Branchentreffpunkt ab 2009 die GAMESCom in Köln sein wird. Von dem neuen Standort sollen sowohl die internationalen Fachaussteller als auch die Gamer profitieren. Die neue GAMESCom will eine Messe für beide Zielgruppen sein und die internationale Games-Community zusammenbringen, sagt Wolters. Damit wäre dann auch geklärt, wofür das "Com" im neuen Namen steht.

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(vbr)