PC-Netzteile: Vorsicht vor verlockenden Angeboten

Die Netzteil-Branche steckt in einer Innovationspause. Mancher Anbieter wirbt daher mit Schnäppchenpreisen für Höchstleistungs- oder gar 80Plus-Gold/Platinum-zertifizierte Modelle. Doch solche Dumping-Angebote haben meist einen Haken.

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  • Karl Fröhlich

Energieeffizienz ja, aber nicht zu jedem Preis. Ein modulares Kabelsystem spielt beim Kauf jedoch eine groĂźe Rolle.

(Bild: Karl Fröhlich)

Seit Jahren zeigt sich der Markt für PC-Netzteile relativ stabil. Im Jahresrückblick hat sich im heise resale Preisradar der durchschnittliche Angebotspreis im Onlinehandel nur wenig bewegt. Aktuell liegt dieser bei rund 60 Euro (brutto). Vor zwölf Monaten waren es knapp 64 Euro. In den Top 10 platziert sich Be Quiet gleich mit acht Produkten. Die Verkaufspreise bewegen sich zwischen zirka 29 und 93 Euro. Gefragt sind vor allem Mittelklasse- und Einstiegsnetzteile. Die meistgesuchten Modelle sind das Be Quiet Straight Power E9 480W (83,39 Euro), Be Quiet Straight Power E9 400W (60,13 Euro) und Be Quiet Straight Power E9 450W (67,77 Euro).

Auch technisch gab es zuletzt nur wenige Neuerungen – die Branche steckt sozusagen in einer Innovationspause. Die angekündigte 80-Plus-Titanium-Zertifizierung hat sich nicht durchgesetzt. Als Grund führen Marktbeobachter an, dass sich bereits 80Plus-Platin-Produkte nicht in den erhofften Stückzahlen verkaufen. Letztendlich scheint der Wirkungsgrad für den Kunden doch kein so großes Kaufargument zu sein, wie vermutet. Eine hohe Effizienz wird zwar gern genommen, darf aber keine allzu großen Zusatzkosten verursachen. Neben dem Preis zählt für den Kunden aber die Ausstattung.

Der durchschnittliche Angebotspreis fĂĽr PC-Netzteile liegt im Onlinehandel bei rund 60 Euro.

"Gefragt ist auf jeden Fall ein modulares Kabelmanagement", sagt Marina Schätzle, Marketingmanager DACH bei OCZ Technology. "Ein gutes Netzteil zeichnet sich heute zudem durch eine geringe Lautstärke und eine stabile Spannungsversorgung aus. Schutzmechanismen und Vorrichtungen wie zum Beispiel Überspannungs-, Überstrom- und Kurzschluss-Schutz sorgen für Langlebigkeit und Zuverlässigkeit." Idealerweise sei ein gutes Netzteil temperaturgeregelt und mit mehreren PCIe-Anschlüssen ausgestattet.

"Leider ist der Endkunde kaum in der Lage die SchutzmaĂźnahmen und Zertifizierungen zu ĂĽberprĂĽfen oder gar den Wirkungsgrad und die Ripple nachzumessen", gibt Rene Grau, Technical Marketing Manager bei Cooler Master, zu bedenken. "Das macht es manchem Hersteller leider einfach, seine Produkte zweideutig anzubieten. Wir raten deshalb unbedingt, sich mit den Zertifizierungen auseinanderzusetzen und bei abweichenden Symbolen auf der Verpackung lieber die Wahl noch mal zu ĂĽberdenken."

Das aktuell meistgesuchte Netzteil im heise Preisradar: das 480-Watt-Netzteil Straight Power E9-CM von Be Quiet

(Bild: Be Quiet)

Überdimensional hohe Leistungen oder 80Plus-Gold/Platinum-Zertifizierungen für wenig Geld sind Grau zufolge nicht möglich. Hierfür seien hochwertige Komponenten aus Taiwan oder Japan notwendig, die teuer eingekauft werden müssen. "Die Erfahrungen aus unserem Testlabor zeigen, dass solche vermeintlichen Schnäppchen-Angebote immer irgendwo einen Haken haben", mahnt Grau.

Zudem berichten Fachhändler davon, dass speziell chinesische Anbieter die 80Plus-Zertifizierung scheuen. Das Zertifikat bezieht sich immer auf ein bestimmtes Produkt. Daher müssten OEMs ihre Auftragsproduktion für jeden ihrer Kunden immer wieder neu und kostenpflichtig zertifizieren lassen. Ein Kostenaufwand, den sich viele durchaus sparen. "Natürlich gibt es auch den Fall, dass mir der Importeur erzählt, dass das gleiche Netzteil 80Plus zertifiziert als 650-Watt-Typ erwerbbar ist, mit 850-Watt-Aufkleber aber ohne Zertifizierung auskommen muss", berichtete ein in Hannover ansässiger Händler im heise-resale-Forum.

"Wir rechnen in der Zukunft mit einer wachsenden Anzahl an 80Plus-Platinum zertifizierten Netzteilen, die sich mit einer noch höheren Effizienz auszeichnen", erklärt OCZ-Managerin Schätzle. "Diese Entwicklung ist auf die weiter zunehmenden Watt-Anforderungen zurückzuführen, welche durch den steigenden Energiebedarf der Grafikkarten verursacht wird. Die Technik der Netzteile ist weitestgehend ausgereift."

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Bei der Preisbeobachtung unterstĂĽtzten uns:

ALSO GmbH
B.com Computer GmbH
CTT AG
Devil AG
Ingram Micro GmbH

"Technische Entwicklungen für Netzteile zielen zur Zeit immer noch auf hohe Effizienz in allen Leistungsebenen hin", bestätigt auch Cooler-Master-Manager Grau. "Dazu gekommen ist die verschärfte Anforderung der Stand-by-Leistung nach EuP Lot6. Wenn auch die maximale Leistungsaufnahme der Prozessoren immer weiter sinkt, manche der neuen Grafikkarten fordern dennoch bis zu 250 Watt. Hier wird hart daran gearbeitet, den Wirkungsgrad im Idle-Betrieb nahezu auf dem Niveau des Lastbereichs zu halten." Darüber hinaus werde weiter an der Lautstärke gearbeitet. Hier sollen eine verbesserte Lüftersteuerung sowie neue Lagertechnologien in den Lüftern selbst für einen leiseren Betrieb sorgen. (map)