Facebook Home statt Facebook-Smartphone: Facebook kapert den Android-Homescreen

Facebook wagt keinen Smartphone-Alleingang. Mit Facebook Home setzt das Social Network auf die Flexibilität von Android statt auf spezielle Hardware: eine Art Facebook-Smartphone für alle. Das soziale Netzwerk bleibt immer im Blickfeld des Nutzers.

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Neue Oberfläche für Android statt speziellem Facebook-Smartphone: Mit Facebook Home macht sich das soziale Netzwerk die Möglichkeiten von Googles Betriebssystem zu nutze, um beim Nutzer dauerhaft präsent zu sein. Die Gerüchte im Vorfeld hatten diese Lösung bereits angedeutet, auch Mark Zuckerberg hatte ein eigenes Smartphone stets dementiert.

Auf dem Startbildschirm erscheinen neue Benachrichtigungen und neue Bilder der Freunde.

(Bild: Facebook)

Unter dem Motto "Menschen statt Apps" ersetzt der Launcher den Startbildschirm auf dem Smartphone mit den Updates der Facebook-Kontakte. Nach dem Einschalten des Handys wird man so direkt mit den neusten Bildern und Beiträge der Freunde versorgt. Diese kann man durch doppeltes Tippen auf den Bildschirm mit einem "Like" versehen oder mit einem Klick kommentieren. Neue Nachrichten können direkt auf dem Startbildschirm beantwortet beantworten werden. In der "Coverfeed" genannten Ansicht soll es später auch Werbung geben, wie Facebook-Gründer Mark Zuckerberg auf Nachfrage während der Präsentation bestätigte.

Was auf den ersten Blick fehlt, ist eine Übersicht der installierten Apps. Die erreicht man erst über Halten und Ziehen des eigenen Profilbilds am unteren Rand. Auch dort befinden sich zunächst nur die eigenen Favoriten – um alle Apps zu sehen, ist ein weiteres Wischen notwendig. Auch die Statusleiste mit Benachrichtigungen der anderen Anwendungen und Infos etwa zu WLAN und Akkustand fehlt in dieser Ansicht. Die Leiste bekommt man erst beim Start einer App zu sehen.

Befindet man sich in einer anderen Anwendung, werden neue Nachrichten und Chatanfragen bei Facebook dennoch prominent eingeblendet. Dann taucht durch die "Chatheads" genannten Funktion eine Blase mit dem Profilbild des Kontakts im Vordergrund auf. Klickt man auf das Bild, kann man direkt antworten, während die andere App im Hintergrund weiter läuft. Parallele Unterhaltungen mit mehreren Kontakten sind möglich; auch eingehende SMS werden hier angezeigt. Die verschiebbaren Nachrichtenblasen bleiben solange im Vordergrund, bis man sie per Wischgeste vom Bildschirm befördert.

Die App-Übersicht gibt sich spartansich. Eigene Facebook-Einträge lassen sich hier starten.

(Bild: Facebook)

Die versprochene Vereinfachung der Kommunikation durch die ständige Facebook-Präsenz kommt nicht nur dem Nutzer zugute – wenn der es überhaupt begrüßt, dass sich Facebook mit seinen Kommunikationsmöglichkeiten so sehr in den (Android-)Vordergrund drängt. Über die Hälfte der täglichen Zugriffe auf Facebook laufen bereits über mobile Geräte, der durchschnittliche Nutzer verbringt seine Zeit auf dem Smartphone bereits jetzt zu 20 Prozent mit Facebook. Daraus kann Facebook bisher jedoch nur wenig Kapital schlagen, wie die Kollegen unseres Gadget-Blogs Techstage berichten. Nur 23 Prozent der Anzeigenerlöse kommen bisher aus der mobilen Nutzung. Statt zu warten, bis der Nutzer von alleine die App aufruft, platziert sich Facebook Home dauerhaft im Sichtfeld des Nutzers und erhöht so die mit Facebook verbrachte Zeit bei jedem kurzen Einschalten und bietet Werbeeinblendungen die maximale Aufmerksamkeit.

Durch die Einbindung anderer Kommunikationsmittel wie SMS lassen sich zudem Daten über die weiteren Kontakte des Facebook-Nutzers gewinnen. Die Statistiken werden zwar laut Zuckerberg "nach kurzer Zeit" anonymisiert, wertvolle Informationen zur Vermarktung dürften sie dennoch bieten.

Ein Smartphone wurde dann übrigens doch noch auf dem Facebook Campus gezeigt: Das erwartete HTC First wird das erste Smartphone mit vorinstallierter Home-Oberfläche werden. Darunter befindet sich aber ein ansonsten normales Android-Smartphone. Außer den Benachrichtigungen von Facebook erscheinen hier auch Meldungen zu neuen Mails, Terminen und Systemnachrichten auf dem 4,3 Zoll großen Bildschirm. Bei den nachträglich installierten Versionen von Home ist das vorerst nicht der Fall. Das Gerät gibt es zunächst exklusiv bei AT&T in den USA, später soll es auch bei einigen Providern in Europa erhältlich sein. Ein konkreter Termin wurde dafür nicht genannt.

Die Chathead-Ansicht legt sich über andere laufende Apps.

(Bild: Facebook)

Die Oberfläche soll laut Facebook in den nächsten Wochen, vermutlich ab dem 12. April, für einige wenige Geräte im Play Store verfügbar sein. Konkret genannten wurden HTC One X, One X+, Samsung Galaxy S III und das Galaxy Note II. Später sollen auch das HTC One und Samsung S4 dazu kommen. Eine breitere Unterstützung für Android-Smartphones soll es erst später geben. Laut Facebook wird es jeden Monat ein Update für Home geben, das neue Funktionen und mehr kompatible Geräte bringen soll. Unterstützt wird Android ab Version 4.0. Um den Launcher installieren zu können, müssen zudem Facebook-App und -Messenger auf dem Gerät vorhanden sein

Geplant ist auch eine Tablet-Version, von der auf der Präsentation allerdings nur ein Screenshot zu sehen war. Sie soll in "mehreren Monaten" erscheinen. Für andere mobile Betriebssysteme wird es Facebook Home dagegen nicht geben, da diese laut Zuckerberg sehr viel geschlossener seien und dazu eine Zusammenarbeit mit den Herstellern nötig wäre. (asp)