Software für mehr Übersicht

Die App Diff Displays erlaubt es PC-Benutzern, auch mit mehreren Bildschirmen immer nur das zu sehen, was wirklich wichtig ist.

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Von
  • John Pavlus

Die App Diff Displays erlaubt es PC-Benutzern, auch mit mehreren Bildschirmen immer nur das zu sehen, was wirklich wichtig ist.

Der Trend am Schreibtisch geht hin zu zwei oder gar drei Rechner-Displays: Banker, Architekten, Journalisten und immer mehr ganz normale Büroarbeiter sollen so mehr Informationen auf einen Blick angezeigt bekommen als mit nur einem Bildschirm. Das Problem: Aktuelle Programme sind für solche Installationen zumeist gar nicht vorgesehen und lenken Nutzer eher ab, als ihre Produktivität zu verbessern.

Forscher an der University of St. Andrews in Schottland haben deshalb nun eine neue Software namens Diff Displays entwickelt, die es einfacher machen soll, Rechner mit mehreren Bildschirmen zu bedienen. Dazu werden Informationen auf den Displays, die gerade nicht benötigt werden, automatisch zurückgestellt.

Standard-Multi-Display: Mehr Bildschirme bedeuten nicht mehr Übersicht.

(Bild: University of St. Andrews)

Das Team aus Human-Computer-Interaction-Experten nutzt dazu ein Eye-Tracking-Verfahren, das erkennen kann, wenn sich der Blick des Nutzers nicht mehr auf einen bestimmten Bildschirm konzentriert. Anschließend wird der Bildinhalt dieses Displays durch weniger störende Informationen ersetzt, die nur noch das Allerwichtigste zeigen.

Das Diff-Displays-Team reagiert mit seiner Software auf die Probleme, die der Trend zum Bildschirmmultitasking mit sich bringt: In der Praxis ist der Wechsel von Bildschirm zu Bildschirm potenziell stresserzeugender für den Benutzer als die Verwendung eines einzelnen Displays. "Der Aufmerksamkeitsbedarf wird höher", sagt Per Ola Kristensson, Dozent in St. Andrews, der zu den Erfindern des Systems gehört. "Es ist unmöglich, sich all diesen Bildschirmen gleichzeitig zuzuwenden. Die Frage, die wir uns stellten, war, wie man eine subtile, nicht von den Hauptaufgaben ablenkende Visualisierung schaffen kann."

Verschiedene Darstellungsmodi von Diff Displays.

(Bild: University of St. Andrews)

Bei der Entwicklung von Diff Displays installierten Kristensson und seine Kollegen, der Professor Aaron Quigley und der Doktorand Jakub Dostal, zunächst Webcams oberhalb jedes Bildschirms einer Arbeitsstation mit drei Displays. Eine Augenerkennungssoftware ermittelt, ob ein Nutzer seinen Blick auf ein bestimmtes Display richtet. Diese arbeitet mit einer Genauigkeit von bis zu 98 Prozent. Läuft ein Kollege vorbei, werden dessen Augenpaare ausgefiltert.

Läuft Diff Displays auf dem PC, verhält sich der Bildschirm, auf den sich der Nutzer konzentriert, weiter normal. Erkennt die Software, dass der Nutzer seine Aufmerksamkeit auf ein anderes Display richtet, verwandeln sich die Farben des unbenutzten Bildschirms in Grautöne und dieser wird dunkler.

Außerdem erscheint eine Overlay-Darstellung mit vier verschiedenen Visualisierungen, die darauf abgestimmt sind, nur wirklich wichtige Informationen hervorzuheben. Der Modus "Freeze Frame" zeigt einen statischen Schnappschuss dessen, was es zu sehen gab, bevor sich der Nutzer abwendete. Der Modus "Pixmap" stellt nur jene Bildschirmbereiche mit normaler Helligkeit dar, die sich gerade verändern – auf die einzelnen Bildpunkte genau. Hat man beispielsweise sein E-Mail-Postfach hier laufen, werden nur die jeweils neuesten Betreffzeilen gut sichtbar dargestellt. Der Modus "Windowmap" arbeitet ähnlich wie "Pixmap", hebt aber das ganze Fenster hervor, in dem sich Inhalte gerade verändern. Der Modus "Aura" stellt schließlich pulsierende Konturen um jene Bildschirmbereiche dar, die sich gerade verändern.

Diff Displays im Einsatz: Der Rechner weiß, wohin man blickt.

(Bild: University of St. Andrews)

Besonders praktisch: Sobald der Nutzer seine Aufmerksamkeit zurück auf den Bildschirm richtet, der gerade inaktiv war, wird die Overlay-Darstellung schnell ausgeblendet. Trotzdem wird der Blick des Nutzers nochmals kurz auf die jeweils neuesten Informationen gelenkt.

Tests zeigten, dass die "Pixmap"-Visualisierung den wenigsten zusätzlichen Stress für den Nutzer bedeutete. Insgesamt reduzierten sich auch die Wechsel zwischen den Bildschirmen – und zwar ungefähr um die Hälfte. "Diff Displays sorgt dafür, dass die Nutzer sich keine Sorgen mehr machen müssen, etwas zu verpassen", sagt Kristensson. "Man kann sich sicher sein, dass beim nächsten Blick nur das gezeigt wird, was wirklich wichtig ist", sagt Kristensson.

Shamsi Iqbal, die bei Microsoft an Multitasking und Interface Design forscht, glaubt, dass sich Techniken wie Diff Displays besonders für stressige Jobs wie die von Fluglotsen oder Börsenanalysten lohnen. "In diesen Berufen muss man sich ständig auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren." Es sei hilfreich, nur jeweils auf Veränderungen hingewiesen zu werden.

Kirstensson will seine Software allerdings nicht nur für Spezialfälle vermarkten, sondern für den typischen modernen Wissensarbeiter. "Unsere Motivation lag in der Tatsache, dass immer mehr Menschen mit mehreren Bildschirmen arbeiten müssen." Auch er selbst setze bei sich Zuhause mittlerweile mehrere Displays ein. Diff Display ist in einer Vorabversion bereits als Download für Windows-Systeme verfügbar. (bsc)