Reporter ohne Grenzen legen Bericht über Internetzensur in China vor

Die Menschenrechtsorganisation will mit dem Bericht, der mit Hilfe eines chinesischen Technikers erarbeitet wurde, aufzeigen, wie das staatliche Kontrollsystem in China funktioniert.

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Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen hat einen Bericht (PDF-Datei) über die Internetzensur in China vorgelegt, an dem ein eingeweihter chinesischer Techniker mitgearbeitet hat, der anonym bleiben will. Dem Bericht Journey to the heart of Internet censorship zufolge verwenden "KP und Regierung immense finanzielle und menschliche Ressourcen darauf", die "freie Meinungsäußerung im Internet zu unterbinden". Regionale und landesweite Nachrichten-Webseiten und Blogs stünden unter redaktioneller Vormundschaft der staatlichen Propagandabehörden. Der Bericht erkläre, wie das Kontrollsystem funktioniert und führe die Hauptakteure auf. Diese seien zum Beispiel das der Regierung angegliederte "Büro für Internetpropaganda" sowie das "Büro für Information und öffentliche Meinung" und das "Internetbüro".

Das "Büro für Internetpropaganda" übe redaktionelle Kontrolle über die führenden Nachrichten-Webseiten der Hauptstadt aus, heißt es in eine Mitteilung der Organisation. Der Bericht enthalte Beispiele für Anweisungen des Büros an die Verantwortlichen der Nachrichtenanbieter. Ein Test mit Schlüsselbegriffen zur KP oder zum Tiananmen-Massaker, den der Techniker auf drei verschiedenen chinesischen Internetseiten durchgeführt habe, zeige, dass noch Unterschiede bei der Internetzensur bestehen, die Behörden die Onlinemedien aber gezwungen hätten, sich in allen sensiblen Bereichen selbst zu zensieren. Das "Büro für Information" organisiere Schulungen, um die Zensur und Selbstzensur der Medien zu verbessern.

Trotz der umfangreichen Selbstzensur und Filterung nach Schlüsselwörtern komme es vor, dass Internetseiten gegen die Regeln verstoßen, heißt es in dem Bericht. Die darauf fälligen Sanktionen reichten von einer Verwarnung und Androhung einer Geldstrafe über die Anordnung einer Versetzung des Verantwortlichen bis hin zu einer Schließung der Website. Geldstrafen seien beispielsweise dieses Jahr über Webseiten verhängt worden, die sich bei der Meldung des Todes des stellvertretenden Ministerpräsidenten Huang Ju nicht an die Anordnung gehalten hatten, keine andere Quelle als die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua zu verwenden. Zudem würden an Website-Betreiber, die bereits missliebige Berichte online gestellt haben, aufgefordert, diese zu entfernen und auch zu verhindern, dass sie in Blogs und Foren zitiert werden.

Die Menschenrechtler raten dazu, Proxy-Server zu verwenden. Angesichts der regional unterschiedlich starken Zensur, lohne es sich auch, Online-Medien in den verschiedenen Provinzen auszukundschaften. Es sei durchaus möglich, dass jenseits der Hauptstadt Beijing, wo die strengsten Kontrollen herrschten, ein kritischer Artikel online veröffentlicht werde. Dies gelte auch für weniger populäre Webseiten. (anw)