Bayern hält an Plänen für umstrittene Online-Durchsuchungen fest

Der Gesetzentwurf werde den Anforderungen "vollkommen gerecht", meinte Günther Beckstein zu dem Karlsruher Urteil, das ein Grundrecht auf "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" formuliert.

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  • dpa

Das geplante bayerische Gesetz zur heimlichen Online- Durchsuchung von Computern entspricht nach Einschätzung der Staatsregierung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Der – äußerst umstrittene – Gesetzentwurf werde den Anforderungen der Richter "vollkommen gerecht" und müsse deshalb auch nicht geändert werden, sagte Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) zu dem Karlsruher Urteil, das das nordrhein-westfälische Gesetz gekippt und ein neues Grundrecht auf "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" postuluiert hatte. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte, die Staatsregierung werde das Urteil genau analysieren. Schon auf den ersten Blick sei aber klar, dass die "Grundlinien" des bayerischen Gesetzentwurfs "voll" mit dem Karlsruher Urteil übereinstimmten. Die Opposition kritisierte die Gesetzespläne mit scharfen Worten.

Beckstein sagte zu der Entscheidung: "Wir wussten, dass Nordrhein-Westfallen seine Regelung auf dünnem Eis hatte und haben deshalb wesentlich größere Sicherungen eingebaut." Die Erfordernisse des Rechtsstaats seien im bayerischen Gesetzentwurf in vollem Umfang berücksichtigt. Herrmann sagte nach Angaben seiner Ministeriums, nach den bayerischen Gesetzesplänen werde – wie von Karlsruhe gefordert – der Kernbereich privater Lebensgestaltung ausdrücklich geschützt.

Justizministerin Beate Merk (CSU) betonte, Karlsruhe habe den Ermittlern die Möglichkeit gegeben, mit den technischen Entwicklungen Schritt zu halten und auf diese Weise mit Tätern, die die neuen Technologien nutzen, auf Augenhöhe zu bleiben. Das Urteil eröffne zudem "die Möglichkeit der Online-Durchsuchung im strafrechtlichen Bereich", sagte Merk. Jetzt sei der Gesetzgeber aufgerufen, sorgfältig zu prüfen, in welchen Fällen Online- Durchsuchungen nötig seien. Die Regelungen müssten aber für die Ermittlungsbehörden praktikabel ausgestaltet werden, betonte sie.

Das Kabinett hatte am 12. Februar Herrmanns umstrittene Pläne zum geheimen Ausspähen von privaten Computern gebilligt. Danach soll es dem bayerischen Verfassungsschutz erlaubt werden, heimlich über das Internet auf die Computer von Terrorverdächtigen zuzugreifen. Auch bei schwersten Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität soll die Maßnahme den Plänen zufolge angewandt werden dürfen.

Nach Einschätzung der Landtag-SPD kann der bayerische Entwurf "in der vorliegenden Form nicht Gesetz werden". Die Staatsregierung habe ihre Pläne vorschnell vorgelegt. Die Grünen kritisierten, es sei "eine Frechheit, wenn Bayern in Unkenntnis der Grenzen mit einem Gesetzentwurf zur Online-Durchsuchung vorprescht". Sie verlangten, dass die Staatsregierung die Pläne "in den Papierkorb entsorgt".

Die Gewerkschaft der Polizei forderte eine bundeseinheitliche Regelung zu Online-Durchsuchungen. "Dieses Thema muss unbedingt mit Samthandschuhen angefasst werden und eignet sich überhaupt nicht als Spielwiese der Inneren Sicherheit im Bereich der Bundesländer", sagte der Landesvorsitzende Harald Schneider. Herrmann solle auf ein entsprechendes Bundesgesetz warten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte, dass Karlsruhe nun "Rechtsklarheit" geschaffen habe.

Siehe zur aktuellen Entscheidung über die heimliche Online-Durchsuchung von PCs auch:

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(dpa) / (jk)