Solarworld schockt mit Hiobsbotschaft: Eigenkapital aufgezehrt

Die Solarbranche in Deutschland ist schwer gebeutelt. Zahlreiche Firmen wurden von der chinesischen Billigkonkurrenz in die Knie gezwungen. Auch das einstige Vorzeigeunternehmen Solarworld rutscht tiefer in die Krise.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Das waren noch Zeiten: "Shine, baby, shine"! ruft der Schauspieler Larry Hagmann in einem Werbespot der Solarworld AG der Sonne entgegen, die auf ein Dach voller Solarzellen strahlt. Mit dem im vergangenen Jahr verstorbenen Schauspieler hatten sich die Bonner ein prominentes Zugpferd für ihr boomendes Solargeschäft geangelt. Doch das ist längst Vergangenheit. In der deutschen Solarbranche weht ein anderer Wind, ein heftiger Sturm aus Fernost. Die chinesische Billigkonkurrenz hat vielen Anbietern zugesetzt. Jetzt wird es auch für Solarworld immer enger.

Am Mittwochabend ließen die Bonner in einer Meldung die Börse wissen: Das Eigenkapital des Unternehmens ist komplett futsch und damit das Kapital der Aktionäre verbrannt. Das ist kein gutes Omen für den umtriebigen Unternehmenschef Frank Asbeck. Verbunden war die Hiobsbotschaft obendrein mit der Aussage, dass 2012 ein Verlust nach Steuern von 520 Millionen bis 550 Millionen angefallen sei. Anleger und Börsianer sind schockiert, die Aktie stürzt ab. 47,95 Euro notierte die Papier Ende 2007 zur Zeit des Solarstrombooms – am Donnerstag wurde vorübergehend mit 0,56 Euro ein weiterer Tiefpunkt registriert.

Vorstandschef Asbeck gibt sich dennoch betont zuversichtlich: "Wir befinden uns in konstruktiven und zielorientieren Gesprächen mit den Gläubigern", sagte der Unternehmensgründer, der 27,8 Prozent aller Solarworld-Aktien besitzt, der Nachrichtenagentur dpa. Dennoch: Solarworld ist mehr denn je in die Abhängigkeit seiner Geldgeber geraten. Solange die Schulden mit den vorhandenen liquiden Mitteln aus dem Tagesgeschäft noch bedient werden können, bestehen noch Möglichkeiten, das Steuern herumzureißen. Bei den Verhandlungen mit Anleihegläubigern und Banken geht es nach Ansicht von Experten vor allem darum, die Anleihebedingungen zu verändern, um die Zinslast zu verringern.

Dass es nicht gut steht um den ehemaligen Star der Solarbranche, ist spätestens seit Ende Januar bekannt. Damals ließ Asbeck in einer Pflichtmitteilung die Börse wissen, dass das Unternehmen mit den Gläubigern über eine Verringerung der Schulden rede. Eine Insolvenz-Gefahr sieht Asbeck auch heute nicht: Die wesentlichen Verluste des vergangenen Jahres seien nicht liquiditätswirksam. "Unsere aktuelle Liquidität gewährt eine positive Fortführungsprognose", sagt er.

Andere haben dagegen die Segel gestrichen: Q-Cells, Centrotherm und Solon beispielsweise oder SunTech, ein chinesischer Hersteller. Im März kündigte ferner der Autozulieferer Bosch den Ausstieg aus der Solartechnik an. Begründung: Die Sparte sei nicht mehr rentabel. Neben den Billigkonkurrenten und dem anhaltenden Preisverfall in der Branche bringen auch die Absenkungen der staatlichen Förderung die Hersteller in die Bredouille.

In der Hitliste der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) über die größten Kapitalvernichter in Deutschland landen Photovoltaik-Unternehmen seit ein paar Jahren regelmäßig auf vorderen Plätzen. Im vergangenen Jahr beispielsweise war es das Unternehmen Conergy auf Rang 1 mit Kursverlusten über einen Zeitraum von fünf Jahren von 99,6 Prozent. Bei Solarworld waren es 86,3 Prozent. Die aktuellen Einbrüche an der Börse resümiert DSW-Sprecher Jürgen Kurz da ganz nüchtern: "Die Aktionäre haben ohnehin die größten Kursverluste schon hinter sich". (anw)