Vorratsdatenspeicherung und Hackergesetzgebung auch in Brasilien in der Mache

Der brasilianische Senat will noch in dieser Woche über ein Gesetz zur verschärften Bekämpfung der Computerkriminalität abstimmen, das eine mindestens dreijährige Aufzeichnung von Verbindungs- und Nutzungsdaten vorsieht.

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Der brasilianische Senat (Senado Federal) wird voraussichtlich noch in dieser Woche über ein Gesetz zur verschärften Bekämpfung der Computerkriminalität abstimmen. Der Entwurf soll Provider dazu verpflichten, Verbindungs- und Nutzungsdaten mindestens drei Jahre auf Vorrat zu speichern und den Behörden Logdateien und Berichte über möglicherweise illegale Aktivitäten der Surfer im Internet zu übergeben, warnt die Free Software Foundation Latin America (FSFLA). Den Zugangsanbietern würden hohe Strafen angedroht, falls sie nicht "jedes übers Netz versandte Datenpaket aufbewahren". Laut einem Rechtsexperten ist diese Bestimmung aber inzwischen auf Verbindungsdaten beschränkt worden. Am gefährlichsten sind der FSFLA zufolge die Auswirkungen auf die Privatsphäre der Nutzer, da jede E-Mail, jeder Chat, jedes Internet-Telefonat oder jede andere Online-Aktivität über Jahre hinweg nachvollziehbar würden.

Nach Vorbild der umstrittenen Cybercrime-Konvention des Europarates und im Einklang mit den neuen Hackerparagraphen hierzulande sollen mit dem Vorhaben laut der FSFLA auch breite Aktivitäten wie der unautorisierte Zugang zu Computersystemen, Netzwerken und darin vorgehaltenen Daten mit Gefängnisstrafen belegt werden. Die Befürworter freier Software fürchten angesichts der Vagheiten des Gesetzestexts, dass unter die Klausel auch das Knacken von Kopierschutz etwa bei Computerspielen, das Umgehen von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) oder gar das Aufspielen eigener Programme auf Mobiltelefone fallen könnte.

Insgesamt würde der Vorstoß gemäß der Interpretation der FSFLA so vor allem den Interessen der Banken und der Verwerter nachkommen. Die Vereinigung spricht von einer Art "Terrorismus" der Autoren, Urheber und Rechteinhaber, der auf dem Ausnutzen kurzfristig gewährter Monopolrechte und deren Umdeutung in "geistiges Eigentum" beruhe. Damit würde der Gesellschaft als ganzer die Erfüllung der eigentlichen Ziele etwa des Copyright zur Förderung von Innovationen und des kreativen Prozesses "gestohlen" und die digitale Allmende verknappt. Derartige Pläne seien nicht mit den Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft in Einklang zu bringen. Die FSFLA fordert daher, das "entsetzliche Gesetz" nicht einfach durch den Nationalkongress zu peitschen. Vielmehr solle zunächst einer breiten öffentlichen Debatte des Vorhabens Raum gegeben werden. (Stefan Krempl) / (jk)