US-Initiativen für Abgaben auf Videospiele

In Wisconsin und in New Mexico wird in Gesetzesinitiativen eine einprozentige Abgabe auf elektronische Geräte und Videospiele vorgeschlagen. In dem einen Staat soll so das Justizvollzugssystem finanziert, in dem anderen Kindern geholfen werden.

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Von
  • Tom Sperlich

In den USA wird derzeit von verschiedenen Seiten vorgeschlagen, beim Verkauf elektronischer Geräte und Videospiele eine einprozentige Abgabe zu erheben. Zunächst war es um den Jahreswechsel herum der demokratische Politiker im Senat von Wisconsin, Jon Erpenbach, der in einem Gesetzentwurf den Aufschlag ins Spiel brachte, um das Justizvollzugssystem seines Bundesstaates zu reformieren. Dort würden sogar 17-jährige Straftäter dem Justizsystem für Erwachsene unterzogen, selbst dann, wenn sie nicht gewalttätige Delikte begangen haben. Mit der zusätzlichen Abgabe will Erpenbach spezielle Maßnahmen für Heranwachsende finanzieren.

Jedes Jahr werden in Wisconsin rund 30.000 minderjährige Straftäter verurteilt. Die Heranwachsenden, die zu 98 Prozent nur kleinere Straftaten begangen haben, in zusätzliche Jugendstrafanstalten oder Erziehungsprogramme zu überführen, wäre finanziell sehr aufwendig. Mit den Abgaben auf die Verkäufe von Unterhaltungselektronik und Computerspielen will Erpenbach nun seinen Vorschlag finanzieren.

Videospiel-Fans, Profis aus der Gaming-Branche und Politiker sind über Erpenbachs Vorschläge nicht begeistert. Der republikanische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus, Steve Nass, fragt sich, was Videospiele mit jugendlicher Delinquenz zu tun hätten und warum es deswegen eine Steuererhöhung geben soll. Der Präsident des US-amerikanischen Branchenverbands ESA (Entertainment Software Association), Michael Gallagher, wehrt sich gegen eine zusätzliche Steuer, die die stark wachsende Computer und Videogame-Industrie in Wisconsin und anderswo behindern würde. 2007 seien in den USA 92 Prozent der Computerspielkäufer und 80 Prozent bei den Käufern von Konsolenspielen über 18 Jahre alt gewesen. Deshalb entspreche die Aussage, dass die Videospielsteuer den Jugendlichen helfe, sich selbst zu helfen, nicht den Tatsachen, so Gallagher. Senator Erpenbach erläutert dagegen, dass er auch für Alternativvorschläge zur Finanzierung seiner Reformen offen sei.

Die Idee der einprozentigen Abgabe auf Videospiele, Zubehör und Fernsehgeräte wurde jetzt auch im südwestlichen Bundesstaat New Mexico aufgegriffen. Dort will eine Allianz aus zwölf Umweltschutzorganisationen die Erlöse aus der Abgabe für das "Outdoor-Erziehungsprogramm" Leave no Child Inside ("Lass kein Kind in der Wohnung zurück") einsetzen. Dies richtet sich unter anderem gegen die grassierende Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen.

Auf Initiative der Graswurzel-Umweltorganisation Sierra Club soll die neue Verkaufssteuer künftig 4 Millionen Dollar jährlich (rund 2,7 Millionen Euro) für ein breites Förderungsprogramm für Kinder und Jugendliche einbringen. "Wir glauben, dass der Verbraucher von dieser nominellen Steuer nicht allzu viel spüren wird, insbesondere wenn man ihn aufklärt, wohin die Mittel fließen", sagt Michael Casaus, der Jugendbeauftragte des Clubs. Die nationale Initiative "Leave no Child Inside" wird von mehr als 40 Organisationen unterstützt.

Um die Abgabe in New Mexico durchzusetzen, hat die demokratische Lokalpolitikerin Gail Chasey im Repräsentantenhaus von New Mexico einen Gesetzesvorschlag eingebracht. Die zu besteuernden Waren seien "vorsichtig ausgewählt worden" und stünden in Zusammenhang mit Übergewicht und schlechten schulischen Leistungen, so der Sierra Club.

Die Verwaltung von New Mexicos State Parks (Staatsparks) schätzt, dass weniger als zehn Prozent der Schüler und Studenten New Mexicos jemals einen der zahlreichen State Parks im "Land der Verzauberung" betreten haben, obwohl rund achtzig Prozent einen davon innerhalb einer halben Stunde erreichen könnten. Ein staatliches "Outdoor Classroom" Programm soll in New Mexico Studenten und Lehrern helfen, durch die in der Natur gewonnenen Erfahrungen die Talente in Mathematik oder den Naturwissenschaften zu fördern. (Tom Sperlich) / (anw)