Litauen und Estland suchen Steuerhinterzieher mit Google Street View

Behörden vergleichen die automatisiert erstellten Aufnahmen mit eigenen Daten und finden Häuser und Baustellen, wo keine sein sollten.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter Mühlbauer

Neue Technologien schaffen häufig Anwendungsmöglichkeiten, die ihre Erfinder gar nicht im Sinn hatten. Das ist möglicherweise auch bei Google Street View so, das die beiden baltischen Länder Litauen und Estland zum Aufspüren von Steuerhinterziehern einsetzen.

Dazu vergleicht man Behördendaten mit den von Google gemachten Fotos und forscht nach, wenn man Häuser und Baustellen findet, die dort eigentlich gar nicht sein sollten. In Litauen wurden die Finanzbehörden nach Angaben ihres Sprechers Darius Buta so auf etwa 100 Hausbesitzer und 30 Firmen aufmerksam, gegen die nun ermittelt wird. Angeblich sind auch die litauischen Steuerfahnder sehr glücklich über Google Street View, weil es sich im warmen Büro nutzen lässt und Außendienste bei Wind und Wetter ersetzt.

Bei Techdirt spekuliert man angesichts dieser Meldungen bereits darüber, ob Bürger zukünftig nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern verstärkt versuchen werden, gegen das Fotografieren ihrer Anwesen vorzugehen. Wird dazu der Rechtsweg beschritten, lenkt freilich auch solch eine Klage potenzielle Behördenaufmerksamkeit auf den Kläger.

Google Street View ist nicht das einzige neuere und allgemein verfügbare technische Angebot, das von Behörden zur Steuerfahndung eingesetzt wird: In Griechenland nutzt man Satellitenbilder, in den USA gleicht die Bundessteuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) Angaben aus Steuererklärungen mit solchen aus Facebook und Twitter ab, und in Großbritannien sucht eine Software automatisch nach nicht deklarierten Verkäufen bei Online-Auktionshäusern.

Durch die Verknüpfung sehr vieler Daten können dabei auch aus scheinbar trivialen Informationen Hinweise auf ein ungewöhnliches und möglicherweise rechtswidriges Verhalten gewonnen werden. Allerdings ist das Risiko groß, dass mit solchen Methoden auch Unschuldige ins Visier der Behörden geraten. (pem)