Medienindustrie instrumentalisiert Strafverfolger

Gegenüber c't kritisierte ein Staatsanwalt die von der Medienidustrie ausgelöste Strafanzeigenlawine gegen Tauschbörsennutzer. Er werde auf Kosten der Steuerzahler benutzt, um ökonomische Interessen der Rechteinhaber durchzusetzen.

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Von
  • Holger Bleich

Seit geraumer Zeit überflutet die Medienindustrie bundesweit Staatsanwaltschaften mit Strafanzeigen gegen Tauschbörsenbenutzer. Die Kosten der Ermittlungen trägt der Steuerzahler, während Rechteinhaber und auf Abmahnungen spezialisierte Anwälte davon profitieren. Im Gespräch mit c't kritisierte ein frustrierter Strafverfolger nun die Methoden der Rechteinhaber.

Mit Strafverfolgung im Sinne des Gemeinwohls habe die von der Medienindustrie betriebene Strafanzeigenmaschinerie oft nicht mehr viel gemein, sagte Staatsanwalt Thomas Köhler aus dem thüringischen Mühlhausen zu c't. Die meisten Staatsanwälte sehen sich verpflichtet, den Bagatelldelikten nachzugehen und anhand von IP-Adressen die Kundendaten von den Internet-Providern einzuholen. Diese stellen den Behörden dafür in jedem einzelnen Fall bis zu 40 Euro Bearbeitungsgebühr in Rechnung. Zu einer Anklage kommt es so gut wie nie, aber die Rechtsanwälte können Akteneinsicht nehmen und sich so die gewünschten Adressen beschaffen, um ihre Abmahnungen zu versenden.

Sogar die US-amerikanische Pornoindustrie hat diese Methode für sich entdeckt und nutzt sie mittlerweile weidlich aus. "Meiner Ansicht nach werden wir in diesen Fällen dazu benutzt, die ökonomischen Interessen der US-amerikanischen Pornoindustrie durchzusetzen, und das auf Kosten der deutschen Steuerzahler", so Staatsanwalt Thomas Köhler.

Den vollständigen Bericht bringt c't in der kommenden Ausgabe 6/08, die ab Montag an den Verkaufsstellen ausliegt. (hob)