Interview Jay Dusard: "Cowboys sind ganz anders"

Harte Jungs auf hohen Pferden, raue Landschaften, einsame Herzen. Mit seinen Fotografien hält der US-Amerikaner Jay Dusard die goldenen Zeiten einer vergangenen Westernwelt fest und setzt den Cowboy-Kult der Neuzeit in ein neues melancholisches Licht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Kristin Haug
  • seen.by

Harte Jungs auf hohen Pferden, raue Landschaften, einsame Herzen. Mit seinen Fotografien hält der US-Amerikaner Jay Dusard die goldenen Zeiten einer vergangenen Westernwelt fest und setzt denCowboy-Kult der Neuzeit in ein neues melancholisches Licht.

siehe auch:
- Street-Fotografie von Eric Kim
- Interview mit Elmar Haardt
- Heike Ollertz im Interview

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Herr Dusard, Sie haben Hunderte Cowboys fotografiert. Was fasziniert Sie an ihnen?

Dusard: Ich habe selbst jahrzehntelang als Cowboy gearbeitet. Ich liebe die Natur, ich fürchte die Großstadt, den Lärm, die vielen Leute. Und ich bewundere die Arbeit der Cowboys, ihre Fähigkeiten, ihre Finesse. Ich schätze es, wie sie mit ihren Pferden umgehen können, was sie mit ihnen leisten.

Wie sind die Cowboys von heute? Genauso hart, wie man sie aus Western kennt?

Dusard: Nicht mal im Ansatz. Western-Klischees sind eine Lüge. Cowboys sind keine spuckenden und saufenden Raufbolde, sondern verantwortungsbewusste und sensible Menschen.

Wie sieht der Tag eines modernen Cowboys aus?

Dusard: Dafür gibt es keine Regeln. Jeder Tag unterscheidet sich vom anderen. Die Jahreszeit und das Wetter bestimmt die Arbeit. Aber auch, wie es den Tieren geht. Cowboys lieben die Natur und die Tierwelt. Cowboys haben Angst, dass der Fortschritt in ihr Land und Leben eindringt und beides zerstört. Für sie ist es eine Sünde, Wasser zu verschwenden, das Land auszubeuten, die Natur zu zerstören.

Schauen die Menschen auf ihren Fotos deswegen so traurig?

Dusard: Sie schauen nicht traurig, sie schauen ernst. Cowboys sind sehr höfliche Menschen. Als ich sie fotografiert habe, wollten sie mir keine Umstände machen. Ich brauche etwa eine Stunde, um die Cowboys in Szene zu setzen. Sie sind nicht gewohnt, lange zu warten und still zu halten.

(Bild: Jay Dusard)


Sie zeigen die Cowboys meist auf ihren Ranches...

Dusard: Weil sie genau dort hingehören. Sie sind Teil der Natur. Deswegen verzichte ich auch auf Nahaufnahmen und mache lieber Porträts, auf denen man ihre Umgebung sieht. Ich will die Menschen in der Welt zeigen, die sie prägt. Dabei ist mir vor allem wichtig, Einwohner und Umfeld gut miteinander zu kombinieren.

Das heißt, Sie setzen sie in Szene?

Dusard: Ich bestimme, wo und mit wem ich die Cowboys fotografiere. Aber sage ihnen nicht, wie sie sich kleiden sollen. Und ich achte auf das richtige Licht.

Und woher wissen Sie, wann das Licht zur Szene passt?

Dusard: Ich versuche, zu harte Kontraste zu vermeiden, und fotografiere deswegen nur in sanftem Licht - hinter Bäumen oder Häuserwänden etwa. Schatten haben keine Details.

(Bild: Jay Dusard)


Warum fotografieren Sie dann in Schwarz und Weiß?

Dusard: Ich sehe die Welt nicht in Farben. Farbfotografie interessiert mich nicht, weil sie die Welt zu genau abbildet. Mit Schwarz und Weiß kann ich viel mehr abstrahieren. Fotografieren ist wie Malerei für mich. Bevor ich Fotograf wurde, wollte ich auch Maler werden.

Aber?

Dusard: Ich war zu schlecht dafür. Das wurde mir relativ schnell klar. Ich wusste, ich würde es nie schaffen. Zu der Zeit, es muss Anfang der sechziger Jahre gewesen sein, sah ich Fotografien von Aaron Siskind. Sie haben mich sehr beeindruckt, da wusste ich, dass Fotografie mein Medium ist.

Sie nutzen dieses Medium nicht nur, um Menschen in Landschaften zu fotografieren, sondern halten auch fest, wie liegengebliebene Eisenbahnwagen verfallen oder Maschinen in stillgelegten Fabriken verrosten.

Dusard: Es gibt da diese Maschine in einer alten Minenstadt in Kalifornien. Seit hundert Jahren war niemand mehr dort. Es hat Jahre gedauert, bis ich gemerkt habe, dass das eine Dampfmaschine ist. Sie hat den Fahrstuhl in die Tiefe gleiten lassen. Mit dieser Maschine kamen die Menschen zur Arbeit und zurück. Die Maschine drückt für mich Strenge und Macht aus. Fotografie kann das einfangen, so eine Stärke aufzeichnen. Es ist das wirkungsmächtigste Medium für mich. (keh)