Nach 3D kommt 5D: Animationsbranche schielt auf neue Geschäftsfelder

Ist der 3D-Boom im Kino schon wieder vorbei? Könnte sein, sagt einer der Macher der FMX in Stuttgart, einer der größten Messen der Welt für virtuelle Effekte. Die Animationsbranche schielt längst auf andere Geschäftsfelder.

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Von
  • dpa

Voriges Jahr war sogar Queen Elizabeth so weit: Zum ersten Mal war sie während ihrer Weihnachtsansprache im britischen Fernsehen in drei Dimensionen zu sehen, die vor allem durch den Kassenhit "Avatar" wieder vorangetriebene 3D-Technik kam direkt in die englischen Wohnzimmer. Inzwischen wird praktisch (nicht nur) jeder Blockbuster auch fürs 3D-Kino produziert, Animationsfilme haben bereits seit Jahren einen festen Platz und kommen wie selbstverständlich auch als stereoskopisches 3D ins Kino. Dass die Technik im Alltag angekommen ist, beweist auch die noch bis Freitag laufende Stuttgarter Messe FMX. Auf einer der wichtigstens Konferenzen ihrer Art spielt 3D-Kino daher nur noch eine untergeordnete Rolle.

"Die Technik hat sich etabliert", sagt der Leiter der FMX (Film and Media Exchange), Niels Rinke. "Der nächste Schritt wird nun die autostereoskopische Projektion sein, also eine 3D-Vorführung, die ich ohne Brille schauen kann." Rinke betrachtet den abflauenden 3D-Trend dennoch nicht als Hype. "3D war ganz wichtig, um digitales Kino zu etablieren", sagt Rinke. Die Kino- und Animationsbranchen profitierten von HD im Fernsehen und besseren Kinoprojektionen auch bei 2D-Filmen.

Andere Experten sehen das kritischer: "Aktuelle 3D-Versionen nehmen weniger ein, der Umbau der Leinwände verlangsamt sich und Ticketpreise sind kaum noch zu erhöhen", schrieben beispielsweise die Analysten von Morgan Stanley in ihrem Marktbericht (PDF) zum vierten Quartal 2012.

In Sachen dritter Dimension hat in der Visual-Effects-Branche ohnehin ein anderer Zweig bereits die Filmindustrie überholt. "Im Gaming-Bereich ist das fast noch spannender", sagt Rinke. "Dort wird ja nicht nur konsumiert, sondern live etwas erzeugt." Hinzu komme, dass sich die Technik mehr auf den Betrachter einstellen könne. Ein 3D-Kinofilm werde fest gedreht und könne danach beim Zuschauen nicht
mehr auf das einzelne Augenpaar angepasst werden, so dass häufig ein etwas unschärferes Sehgefühl entstehe. Bei Computer- und Konsolenspielen hingegen sei individuelles Kalibrieren möglich, so dass der Spieler durch schärfere Bilder stärker ins Geschehen eingebunden wird.

Auch die Beschäftigung der Animationswelt mit Finanzen und Herstellungskosten verändert sich. Crowdfunding, also die Finanzierung durch viele Nutzer mittels Aufrufen im Internet, erhält immer größere Bedeutung. Die finnisch-australisch-deutsche Nazi-Satire "Iron Sky" hatte laut eigenen Angaben einen Teil ihres effektbeladenen Spektakels mit mehreren hunderttausend Euro User-Finanzierung bezahlt. Auch im Südwesten Deutschlands haben solche Projekte Erfolg: Black Forest Games aus Offenburg hat laut Zahlen der Finanzierungsplattform Kickstarter mehr als 140.000 Euro für das Projekt "Giana Sisters: Twisted Dream" eingeworben, ein Nachfolger des 90er-Jahre-Spielehits "Giana Sisters".

Dass solche alternativen Finanzierungsansätze überhaupt möglich sind, wird durch einen weiteren Trend begünstigt, der auch im Motto der Messe steckt: "Lean, smart and agile" (Schlank, clever und agil). Dort wo früher einzelne Rechner für virtuelle Effekte mehrere hunderttausend Euro kosteten, fällt für Soft- und Hardware heutzutage nur noch ein Bruchteil an. Ergebnis: Der Markteintritt wird leichter, kleinere unabhängige Firmen entstehen. "Der Markt demokratisiert sich", sagt Rinke.

Die Zukunft des Kinos? In Japan kommt "Iron Man 3" in 4DX in ausgesuchte Theater.

Mit solchen Einnahmen könnte dann auch Produktionstechnik bezahlt werden, die sich bereits für die Zeit nach 3D ankündigt. "Es wird immer mehr an 5D gearbeitet", sagt Rinke und meint weitere Sinneserlebnisse im Kinosaal wie beispielsweise Gerüche oder bewegliche Sitze, wie es in einigen Kinos schon der Fall ist. Ziel ist auch hier ein größeres Einbeziehen des Zuschauers, auch bei Musik- oder Sportvorführungen. "Wenn Sie nicht wegen eines Films ins Kino gehen, dann vielleicht für ein solches Quasi-Live-Event", meint Rinke. Ganz neu sind diese Ideen indes nicht. Schon seit Jahrzehnten experimentiert die Kinobranche, um den Zuschauer noch mehr ins Geschehen hineinzuziehen – etwas mit 3D, Sensurround oder IMAX. In Japan kommt der in wenigen Tagen anlaufende Action-Kracher "Iron Man 3" in "4DX" in die Kinos, bei denen sich wie in Freizeitparks ganze Stuhlreihen bewegen und Ventilatoren für Raumbeduftung sorgen. ()