Sachsen: Funkzellenabfrage bei Anti-Nazi-Protest war rechtswidrig

Späte Genugtuung: Nach nunmehr zwei Jahren steht fest, dass in Sachsen zu Unrecht massenhaft Daten erhoben wurden. Nun muss gelöscht werden.

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Von
  • dpa

Die umstrittene Erhebung tausender Handydaten am Rande der Proteste gegen den Neonazi-Aufmarsch am 19. Februar 2011 in der Dresdner Südvorstadt war rechtswidrig. Das geht aus einem Beschluss des Landgerichtes Dresden hervor, der dem Linke-Abgeordneten Falk Neubert am Dienstag zugegangen ist. Laut Landgericht müssen die auf Anordnung des Dresdner Amtsgerichtes erhobenen Daten gelöscht werden. Die Entscheidung des Landgerichtes ist endgültig, sie kann nicht mehr angefochten werden (Aktenzeichen 15 Qs 34/12).

Das Amtsgericht habe damals seine Anordnung zur Datenabfrage in der Südvorstadt nicht ordentlich begründet, sagte Neuberts Rechtsanwalt André Schollbach. Das Landgericht habe schwerwiegende Mängel in der Begründung moniert. "Die Entscheidung des Landgerichtes erfüllt uns mit großer Freude, weil sie unsere Auffassung vom Schutz der Demonstrationsfreiheit bestätigt", erklärte Neubert.

Die massenhafte Abfrage der Handydaten nicht nur in der Südvorstadt hatte 2011 für heftige Proteste auch außerhalb Sachsens gesorgt. Bei der sogenannten Funkzellenabfrage waren auch Daten von Menschen erfasst worden, die sich gar nicht an den von Gewalt begleiteten Protesten gegen Neonazis beteiligt hatten. Bundestags- und Landtagsabgeordnete, Rechtsanwälte und Journalisten protestierten, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sahen. Datenschützer kritisierten die Aktion als unverhältnismäßig.

"Dieses Gerichtsurteil muss nun zu einem Umdenken der sächsischen Regierungspolitik führen", erklärte Neubert. Bei der massenhaften Datenabfrage gehe es nicht um belanglose polizeiliche Maßnahmen, sondern um Eingriffe in demokratische Grundrechte. Anwalt Schollbach ergänzte: "Die Bestimmungen der Strafprozessordnung und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit wurden in grober Weise verletzt."

Staatsanwaltschaft und Landgericht waren für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Das Amtsgericht wollte den Vorgang nicht kommentieren. Das Amtsgericht Dresden hatte damals auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Erfassung der Daten angeordnet, weil die Polizei so Straftätern auf die Spur kommen wollte. Das selbe Gericht lehnte später eine Beschwerde dagegen ab. Deshalb ging der Fall ans Landgericht. (axk)