Geht doch: Distribution kann auch Spaß machen!

Erst Jet Computer, dann B.com und nun Devil und COS: Vier Distributoren, die in den vergangenen Wochen wegen finanzieller Schieflagen SOS funkten und nun versuchen, irgendwie wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Nein, IT-Distribution macht momentan nicht wirklich Spaß. Oder?

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Von
  • Damian Sicking

Lieber William Geens, Gründer und Geschäftsführer des Distributors Prianto in München,

Prianto-Chef William Geens

(Bild: Prianto)

erst Jet Computer, dann B.com und nun Devil und COS: Vier Distributoren, die in den vergangenen Wochen wegen finanzieller Schieflagen SOS funkten und nun versuchen, irgendwie wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Nein, IT-Distribution macht momentan nicht wirklich Spaß. Oder?

Okay, falsche Frage. Die richtige Frage wäre: Kann Distribution überhaupt Spaß machen? Oder ist Distribution nicht per se eine Tätigkeit, die von der Vergnügungssteuer befreit ist? Es gibt ja Berufe oder Aufgaben in einem Wirtschaftssystem, die einfach erledigt werden MÜSSEN. Irgendjemand muss es halt machen. Ob man Spaß daran hat oder nicht. So wie Mülltonnen leeren.

Unsinn, sagen Sie, lieber Herr Geens. Sie behaupten, Distribution kann sogar sehr viel Spaß machen. Zumindest dann, wenn man es so macht wie Sie. "Wir genießen die Prianto“, sagten Sie mir bei einem Besuch in Ihrem Firmengebäude vor zwei Wochen. "Genießen", wow! So etwas hört man selten im Zusammenhang mit einer Firma. "Prianto“, das ist der Distributor, den Sie vor fast genau vier Jahren mit Ihrem Kompagnon Oliver Roth gegründet haben. Ich war ja damals schon etwas skeptisch, ob das so eine gute Idee war, einen Distributor zu gründen. Daher hatte ich Sie beide seinerzeit "zwei Todesmutige“ genannt, "die das Wagnis eingehen und einen weiteren Distributor gründen“. Ja, es war ein Wagnis, und ein Jahr später gestanden Sie mir ja selbst, dass nichts hätte schief gehen dürfen. Aber es hat sich gelohnt, es ist nichts schief gegangen. Im Gegenteil. Alles lief besser als erwartet. Natürlich nicht von selbst, das ist klar. Harte Arbeit steckt dahinter, geschenkt wird einem im Business eher selten etwas, und in der Distribution schon mal gleich gar nicht. Aber Ihr Fall zeigt, dass unternehmerischer Mut und die Bereitschaft zum Risiko durchaus belohnt wird, wenn man ein paar Dinge richtig macht.

Aber Sie haben ja nicht einfach einen weiteren x-beliebigen Distributor gegründet. Prianto ist anders. Mit Broadline-Distribution hat Ihr Unternehmen nicht einmal ansatzweise etwas zu tun. Und deshalb haben Sie auch nicht die Probleme der Broadline-Distribution. Prianto hat eine klare Positionierung als Distributor für Enterprise Software, und die Produkte der rund 20 Hersteller, die Sie im Programm führen, bekommt man nicht an jeder Straßenecke.

Bestes Beispiel ist ganz aktuell eine Sicherheitslösung von Unisys, für die Prianto die Exklusivdistributionsrechte für Europa erhalten hat. Diese "Stealth Solution Suite“ ist wirklich etwas Besonderes. Denn sie funktioniert wie die Tarnkappe des Zwergenkönigs Alberich aus dem Nibelungenlied (wie jedermann weiß, konnte Siegfried Alberich die Tarnkappe entwenden und so an den Schatz der Nibelungen gelangen): Sie macht ihren Träger unsichtbar. "You can´t hack what you can´t see”, lautet dementsprechend der Slogan des amerikanischen Anbieters für dieses Produkt. Man kann es auch anschaulich so formulieren: Wenn ein Einbrecher und Dieb ein Haus nicht sieht, kann er es auch nicht ausrauben.

"Wenn wir dieses Produkt bei Interessenten präsentieren, dann ist die erste Reaktion immer Ungläubigkeit“, erzählten Sie mir bei meinem Besuch. Die zweite Reaktion dann sei Begeisterung. Dabei ist die Lösung nicht einmal unbezahlbar. Ein Dollar pro Tag und User kostet sie für die Desktop-, sechs Dollar für die Server-Version. Ein äußerst interessantes Geschäft für Systemhäuser, die ihre Kunden damit mal richtig beeindrucken können.

Nur ein Beispiel. Es sind diese interessanten, außergewöhnlichen Produkte, denen Prianto zum großen Teil seinen Erfolg verdankt. Inzwischen beschäftigen Sie 50 Mitarbeiter, die über viele Standort im In- und Ausland verteilt sind. Warum nicht alle in der Zentrale? "Die guten Leute sitzen eben nicht alle in München“, erklärten Sie mir, und damit haben zweifellos recht. Nachdem Sie bereits im vergangenen Jahr den Umsatz verdoppeln konnten, gehen Sie fest davon aus, auch in diesem Jahr das Geschäft noch einmal um mehr als 100 Prozent zu steigern.

Und dann macht Distribution Spaß. Doch Ihr Vergnügen an der Prianto hat seinen Grund nicht nur an der positiven Entwicklung des Zahlenwerks. "Ich habe hier nur Menschen um mich herum, mit denen ich gerne zusammen arbeite“, sagten Sie mir. Da kann man Ihnen ja wirklich nur gratulieren. Wenn Ihre Mitarbeiter das jetzt auch noch genauso sehen wie Sie, dann passt ja alles prima zusammen.

Also ich habe verstanden, lieber Herr Geens: Distribution kann auch Spaß machen. Aber Vergnügungssteuer müssen Sie und Ihre Mitarbeiter doch hoffentlich trotzdem nicht bezahlen, gell?

Beste Grüße!

Damian Sicking

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