Die Kraft der Polysulfide

Stanford-Forscher haben einen Akku entwickelt, der die Technologien von Flussbatterien und von Lithium-Schwefel-Batterien zu einem leistungsfähigen und kostengünstigen Energiespeicher verbinden soll.

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Von
  • David Talbot

Stanford-Forscher haben einen Akku entwickelt, der die Technologien von Flussbatterien und von Lithium-Schwefel-Batterien zu einem leistungsfähigen und kostengünstigen Energiespeicher verbinden soll.

Der enorme Ausbau der Solarenergie in den vergangenen drei Jahren hat ein echtes Problem der Energiewende offenbart: Reichlich vorhandener Sonnenstrom müsste idealerweise für die Nachtstunden zwischengespeichert werden, doch mangels günstiger Akkus drängt er am Tag inzwischen Gaskraftwerke aus dem Netz. Fieberhaft arbeiten Forschungsgruppen in aller Welt an leistungsfähigen und zugleich billigen Batterien. Einen neuen Kandidaten präsentiert nun die Gruppe um den Materialwissenschaftler Yi Cui an der Stanford University: Sie hat eine Konstruktion entwickelt, die die Technologien von Flussbatterien und von Lithium-Schwefel-Batterien kombiniert.

Laut Cui könnte der neue Akku-Typ das vom US-Energieministerium (DoE) ausgegebene Ziel von 100 Dollar pro Kilowattstunde gespeicherter Energie schaffen. Materialien und Verarbeitungskosten seien niedrig genug. Die Kosten heutiger kommerziell genutzter Batterie-Technologien liegen hingegen bei einigen hundert Dollar pro Kilowattstunde. Das DoE geht davon aus, dass unterhalb von 100 Dollar die Energieerzeuger bereit wären, Batterien im großen Stil einzusetzen.

Die neue Hybrid-Konstruktion der Cui-Gruppe nutzt zum einen das Konzept von Flussbatterien. Das sind gewöhnlich große Anlagen, in denen zwei flüssige Elektrolyten – etwa gelöste Vanadium-haltige Salze – in Swimmingpool-großen Tanks vorgehalten werden. Die Elektrolyten werden dann in zwei Kammern gepumpt, die durch eine Membran voneinander getrennt sind. Die lässt positiv geladene Ionen von der einen Kammer in die andere passieren, während Elektronen über Graphit-Elektroden in entgegengesetzter Richtung – über Leitungen und Stromverbraucher – von einer Kammer zur anderen fließen. Vorteil: Macht man die Tanks größer, nimmt auch die Speicherkapazität zu, ohne dass die andere Bauteilen entsprechend mit vergrößert werden müssten. Nachteil: Die eingebauten Ionen-Membranen sind teuer, und man braucht große Mengen an Elektrolyt-Materialien.

Lithium-Schwefel-Akkus wiederum arbeiten nur mit einem flüssigen Elektrolyt zwischen zwei festen Elektroden. Bisherige Prototypen zeigen eine hohe Speicherkapazität, lassen sich aber nicht allzu oft wieder aufladen. Denn während des Ladens und Entladens bilden sich mehr und mehr so genannte Lithium-Polysulfide, die sich in der Elektrolyt-Flüssigkeit lösen. Der Batterie gehen damit Ionen verloren, die Ladung an die Elektroden transportieren können. Dieses Phänomen hat eine kommerzielle Nutzung bislang verhindert.

In Flussbatterien könnte es jedoch gerade nützlich sein, so Cui. Denn die gelösten Lithium-Polysulfide könnten mehr Energie speichern als Vanadium-haltige Elektrolyten, die in vielen Flussbatterien verwendet werden. Dadurch ließe sich Material einsparen. Zudem sind Lithium und Schwefel billiger als Vanadium.

Zweiter Pluspunkt von Cuis Konstruktion ist, dass die Ionenaustausch-Membran entfallen kann. In der neuen Hybrid-Batterie ist nämlich eine Elektrode flüssig, die andere besteht aus metallischem Lithium. Die überziehen die Forscher mit einer Hüllschicht, die die Aufgabe der Membran übernimmt: Sie lässt nur positiv geladene Ionen zwischen dem metallischen Lithium und den Polysulfiden passieren.

Bis es der neue Batterietyp auf den Markt schafft, muss Cuis Gruppe noch einige Probleme lösen. Die Anzahl der Lade-Entlade-Zyklen ist zwar mit 2000 höher als für bisherige Lithium-Schwefel-Batterien, doch das DoE hat 5000 Zyklen als Ziel ausgegeben. Und ganz ohne Verschleiß bleibt auch die Hybrid-Batterie nicht: Weil die metallische Elektrode mit jedem Zyklus sich ein wenig abnutzt, müssen die Forscher regelmäßig Lithium nachfüttern. Das aber würde die Kosten wieder nach oben treiben.

(nbo)