OGH: Domain mit fremdem Markennamen muss nicht unbedingt gelöscht werden

Der österreichische Oberste Gerichtshof entschied, dass Markeninhaber nicht in jedem Fall eine durch andere unter dem Markennamen registrierte Domain löschen lassen können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Ein Domainname, der von jemandem anderen markenrechtlich geschützt ist, kann auf vielfältige Weise legal genutzt werden. Daher kann der Markenrechtsinhaber nicht in jedem Fall eine Löschung der Domain erwirken. Sein Anspruch beschränkt sich in vielen Fällen darauf, dass die Domain nicht zu rechtswidrigen Zwecken benutzt wird. Dies ist der Kern einer Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofs (OGH 17 Ob 13/07x).

Geklagt hatte eine Liftgesellschaft, Inhaberin der österreichischen Wortmarken AMADÉ und SPORTWELT AMADÉ, die mindestens seit 1998 für die Klassen 35 (Werbung) und 42 (Verpflegung, Beherbergung von Gästen und Hotelreservierungen) registriert sind. Der Beklagte hatte im März 1999 die Domain amade.at registriert und darauf zunächst Liegenschaften feilgeboten, bevor er einen E-Mail-Dienst aufsetzte. Im April 2001 wurde er erstmals von der Liftgesellschaft aufgefordert, der Löschung der Domain zuzustimmen. Der Domaininhaber ließ sich das Wort AMADE daraufhin für drei andere Kategorien als Marke schützen. Als die Zustimmung zur Löschung nicht erteilt wurde, folgte eine Klage. Im rechtskräftig gewordenen Urteil verneinte das Erstgericht jedoch Ansprüche wegen Domain-Grabbings oder Namensrechtsverletzungen. Auch markenrechtliche Ansprüche bestünden mangels Verwechslungsgefahr nicht.

Nach dieser ersten Entscheidung verhandelten die Parteien über einen Verkauf der Domain an die Klägerin, konnten sich aber nicht einigen. Im Januar 2005 richtete der Beklagte unter amade.at eine Website mit einer Buchungsplattform für Beherbergungsbetriebe aus dem Land Salzburg ein. Daraufhin klagte die Liftgesellschaft erneut und verlangte einerseits, dass der Betrieb der Plattform unterlassen werde, und andererseits die Löschung der Domain. Denn lediglich die Domainlöschung sei aufgrund einer Wiederholungsgefahr geeignet, um den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Der Websitebetreiber wehrte sich mit dem Argument, dass er die Buchungsplattform bereits wieder entfernt habe. Zwar setzte sich der Liftbetreiber mit seinem Löschungsbegehren in erster und zweiter Instanz durch, der OGH hob diese Entscheidungen jedoch auf.

Denn die bloße Registrierung einer Domain sei im Regelfall noch keine Benutzung der Marke im Sinne von Paragraph 10a Markenschutzgesetz (MSchG). Entscheidend sei der Inhalt der unter der Domain betriebenen Website. Der Inhaber einer Marke könne nach Paragraph 52 Absatz 1MschG nur die Beseitigung einer Verwechslungsgefahr verlangen. Ein Löschungsanspruch könne – in Übereinstimmung mit der Rechtssprechung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) – nur dann bestehen, "wenn schon das Halten des Domainnamens für sich gesehen Rechte des Klägers verletzt."

Nun sieht Paragraph 52 Absatz 2 MSchG aber vor, dass der in seinen Markenrechten Verletzte verlangen kann, dass markenrechtsverletzende Gegenstände vernichtet und die zur Herstellung solcher Gegenstände dienlichen Werkzeuge, Vorrichtungen und anderen Hilfsmittel für diesen Zweck unbrauchbar gemacht werden. Die Domain könnte sowohl als Gegenstand (nachgemachte Marke) als auch als Hilfssmittel angesehen werden. Der OGH prüfte daher eine (auch analoge) Anwendung dieser Bestimmung, verneinte sie jedoch.

"Das bloße Halten einer Domain ist anders zu beurteilen", führt der OGH aus, "Denn auch wenn der Inhaber die Domain in einer Weise genutzt hat, die in Markenrechte eines Dritten eingriff, begründet ihre Existenz als solche noch nicht die typische Gefahr, dass er dieses Verhalten wiederholt. Vielmehr bestehen (...) von vornherein unzählige Möglichkeiten einer rechtmäßigen Nutzung. Dieser Unterschied schließt es im Regelfall aus, Paragraph 52 Absatz 2 MSchG auf die Löschung einer Domain anzuwenden."

"Dem gegenüber wäre der Löschungsanspruch jedenfalls dann zu bejahen, wenn schon der Erwerb der Domain rechtswidrig war, also beim Domain-Grabbing im engeren Sinn", so der OGH weiter, "Denn hier schafft der Inhaber der Domain schon durch deren Registrierung einen rechtswidrigen Zustand, den er nach Paragraph 15 UWG beseitigen muss." Außerdem könne ein Löschungsanspruch bestehen, "wenn der Kläger übereine bekannte Marke im Sinne von Paragraph 10 Abs 2 MSchG, einvergleichbar bekanntes Unternehmenskennzeichen oder einen berühmten Namen verfügt." Die Klägerin hatte im gegenständlichen Verfahren jedoch gar nicht behauptet, dass "Amade" für sich allein genommen einen derart hohen Bekanntheitsgrad erreicht hätte. Daher wurde das von den Gerichten auch nicht geprüft. (Daniel AJ Sokolov) (ad)