Neue Rangliste führt Länder nach der Wirtschaftlichkeit ihrer IT-Nutzung auf

Beim sogenannten "Connectivity Score" landen die USA auf dem ersten Platz, Deutschland im Mittelfeld. Die von Nokia Siemens Networks in Auftrag gegebene Untersuchung rät zu mehr Investitionen in Technik und Schulungen.

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Von
  • Felix Longolius

Der dieses Jahr im Auftrag von Nokia Siemens Networks erstmalig erstellte "Connectivity Score" sieht die USA auf dem ersten Platz, wenn es um wirtschaftlich effektive IT-Nutzung geht. In einer ähnlichen Rangliste der ITU (International Telecommunication Union), die sich weniger auf die Nutzung, sondern auf die Infrastruktur selbst konzentriert hat, waren die USA nicht an der Spitze.

Leonard Waverman von der London Business School und die von ihm geleitete Forschungsgruppe der Unternehmensberatung LECG gibt an, man definiere Konnektivität "in einem weiteren Sinne" als bisher üblich. Der Grad der Fähigkeit, mit den vorhandenen Möglichkeiten umzugehen, sei deshalb in die Untersuchung mit eingeflossen. Zu der Studie wurden letztlich 29 andere Studien ausgewertet und Punkte von eins bis zehn für die soziale und wirtschaftliche Nutzung von IT-Netzen vergeben.

Es wurden zwei Ranglisten veröffentlicht, um den Unterschieden zwischen den – nach Weltwirtschaftsforum-Definition – innovationsgesteuerten (weiter entwickelten) und den ressourcengesteuerten (weniger entwickelten) Ländern gerecht zu werden. Knapp hinter den USA liegen in der ersten Rangliste Schweden und Japan, alle drei mit fast sieben von zehn erreichbaren Punkten. Deutschland landet von den 16 gelisteten Nationen auf dem achten Platz mit fünfeinhalb Punkten. Auf den letzten Plätzen finden sich hier die osteuropäischen Länder Ungarn, Tschechien mit Schlusslicht Polen.

Das Abschneiden der USA auf dem ersten Platz war auch für Waverman "vielleicht nicht erwartbar" – es entspricht nicht dem Digital Opportunity Index (DOI) der ITU (International Telecommunication Union). Der DOI bewertet 180 Länder nach den Möglichkeiten, Infrastruktur der Informations- und Kommunikationstechnologie zu niedrigen Preisen und bei guter Qualität nutzen zu können. Beim DOI liegt Südkorea auf dem ersten Platz, die USA auf Platz 20.

Bei der jetzt vorgelegten Studie bekamen die USA eine hohe Punktzahl für die IT-Nutzung im Unternehmensbereich und konnten auch in den anderen Bereichen (Privatnutzer und öffentliche Verwaltung) gute Werte erzielen. Südkorea, bei anderen Studien wegen der dort sehr gut ausgebauten Infrastruktur oft an der Spitze gesehen, bescheinigen die Verfasser der Untersuchungsergebnisse eine schlechte Nutzung der Möglichkeiten, insbesondere im Unternehmensbereich.

In der zweiten Rangliste der ressourcengesteuerten Länder kommt Russland mit gut sechs von zehn Punkten auf den ersten von neun Plätzen, gefolgt von Malaysia und Mexiko. Indien landet von den hier gelisteten Nationen auf dem vorletzten Platz. Nigeria bekommt einen von zehn Punkten und ist damit Letzter. Den Spitzenplatz Russlands in dieser Gruppe begründen die Forscher mit guten Wertungen bei der Alphabetisierung, der Gleichbehandlung der Geschlechter, der Verfügbarkeit von Internetanschlüssen sowie dem ausgeprägten Gebrauch von Mobiltechnologien durch Unternehmen. China und Indien hätten noch einen langen Weg vor sich, bevor aus den Staaten bedeutende "vernetzte" Gesellschaften würden. Die besonders niedrige Punktzahl Indiens wird im Untersuchungsbericht mit schlechter Alphabetisierung sowie der fehlenden Gleichberechtigung der Frauen begründet.

Für die Untersuchung wurden Daten der Weltbank, der ITU, der OECD und des i2010-Programms der EU, sowie Statistiken von einzelnen Ländern, Universitäten und Privatanbietern herangezogen und teilweise neu bewertet. Außerdem wurden exklusive Daten von Nokia Siemens Networks zur Messung der mobilen E-Mail- und Internet-Nutzung herangezogen.

Eine im Rahmen der Studie durchgeführte Befragung von 160 bei multinationalen Firmen arbeitenden IT-Entscheidungsträgern diente vor allen Dingen der Kontrolle der Tendenz der Ergebnisse. Auffällig war dabei, dass die Befragten ziemlich zufrieden mit den technologischen Möglichkeiten waren, während die Studie insgesamt viel Raum für Verbesserungen feststellt. Dies kann den Autoren der Auswertung zufolge zwei Gründe haben: Entweder die Studie sei zu streng, oder die Befragten würden eine Servicebereitschaft und -infrastruktur tolerieren, die eigentlich deutlich verbessert werden müsste.

Ein anderes Ergebnis der Untersuchung ist der Ratschlag an die Politik, mehr in Infrastruktur zu investieren, beziehungsweise Barrieren zu beseitigen, die Investitionen verhindern. Im Geschäftsbereich müsste mehr Technologie effektiver genutzt werden. Bessere Ausbildung der Angestellten sei ein Weg dahin. Telekommunikationsanbieter werden darauf hingewiesen, dass der Markt nicht gesättigt sei. Für Nokia Siemens Networks insgesamt ein "Weckruf" für Regierungen und Unternehmen. (flo)