Gerhard Schicks Cancom-Engagement: Musste das sein?

Bechtle-Mitgründer und -Großaktionär Gerhard Schick macht da weiter, wo er vor einem Jahr aufgehört hatte: Er beteiligt sich an Systemhäusern. Sein jüngster Coup aber, der Einstieg beim direkten Bechtle-Konkurrenten Cancom, sorgt für Aufregung. Viele Brancheninsider fragen sich, welchen geheimen Plan Schick damit verfolgt.

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Von
  • Damian Sicking

(Bild: Bechtle)

Lieber Bechtle- und Cancom-Großaktionär Gerhard Schick,

da haben Sie sich ja mal wieder mit einem Paukenschlag ins Gespräch gebracht. Gut, ich denke, es war keine Absicht. Lieber wäre es Ihnen vermutlich gewesen, wenn niemand Ihren jüngsten Coup mitgekriegt hätte, vor allem nicht irgendwelche Journalisten, die solche Sachen immer sofort an die große Glocke hängen müssen.

Aber es ist doch völlig klar: Wenn sich der Gründer und Großaktionär (die Familie Schick hält 35 Prozent der Anteile) der Bechtle AG am direkten Konkurrenten Cancom SE in München mit über zehn Prozent beteiligt und damit zum größten Cancom-Aktionär wird, dann kommt man in die Schlagzeilen und sorgt in der Branche für Diskussionen, ganz egal, ob Sie selbst, Ihre Tochter Karin oder die Gerhard Schick GmbH offiziell dahinter stehen. Natürlich werden sofort Fragen laut, vor allem bei Cancom, aber auch bei Bechtle. "Was hat Schick vor, will er uns übernehmen, vielleicht Cancom mit Bechtle verschmelzen?" Es sind durchaus auch Ängste und Sorgen, die sich in diesen Fragen zum Ausdruck bringen. Das Wort von der "feindlichen Übernahme" macht die Runde, und Cancom-Chef Klaus Weinmann hatte alle Hände voll damit zu tun, seine Belegschaft zu beruhigen. Obwohl er selbst von Ihrem – wie soll ich sagen? – Angriff überrascht und darüber auch nicht gerade begeistert war.

Sie selber, lieber Herr Schick, versuchten ja, die Wogen der Aufregung zu beruhigen, indem Sie feststellten, dass es sich bei Ihrem Cancom-Engagement lediglich um eine "private Finanzanlage" handele. Komisch nur, dass Ihnen kaum jemand abnimmt, dass nicht mehr dahinter steckt als die Absicht, Ihr Geld gewinnbringend zu investieren. Sicher, ein Kauf von Cancom-Aktien ist vernünftig angelegtes Geld, obwohl die Aktie in den vergangenen Wochen und Monaten ja schon sehr gut gelaufen und daher inzwischen kein Schnäppchen mehr ist. Und wenn es nur darum geht, sein Vermögen gewinnbringend anzulegen, dann hätten Sie im In- und Ausland die Wahl unter Hunderten und Tausenden von attraktiven Unternehmen, deren Aktien an den Börsen gehandelt werden. Warum müssen es da ausgerechnet die Anteilsscheine des direkten Konkurrenten sein? Denn eines haben Sie damit auf jeden Fall schon mal erreicht: Unsicherheit und Beunruhigung bei Cancom und Bechtle, bei Mitarbeitern, aber auch bei Kunden, Lieferanten und womöglich auch bei den übrigen Anteilseignern. Das bedeutet im Falle der Belegschaften natürlich Ablenkung, Ablenkung nämlich von den eigentlichen Aufgaben, Geschäft zu generieren und Aufträge auszuführen.

Das war Ihnen sicher klar, als Sie sich entschieden hatten, im großen Stil bei Cancom einzusteigen. Aber Sie haben es in Kauf genommen und offensichtlich als vorübergehende Erscheinung bewertet. Denn eins ist ja völlig klar: Sie wollen beiden Firmen nicht schaden, im Gegenteil. Als Investor sind Sie bestrebt, den Firmenwert sowohl von Bechtle als auch von Cancom weiter zu steigern. Denn nur so vergrößert sich auch Ihr Vermögen. Und dass Sie sich ausgerechnet bei Cancom finanziell engagieren, lässt sich auch so erklären, dass Sie sich im Systemhausmarkt einfach am besten auskennen und wissen, wohin man sein Geld tragen kann und wohin besser nicht.

Übrigens ist mir aufgefallen, dass in den vergangenen Wochen nicht nur der Kurs der Cancom-Aktie gestiegen ist, was seinen Grund sicher auch in Ihren heimlichen Aufkauf-Aktivitäten hatte. Auch die Kurse anderer börsennotierter IT-Dienstleister und -Systemhäuser legten kräftig zu. Allgeier wäre hier als Beispiel zu nennen, oder auch Mensch und Maschine. Waren hier vielleicht ebenfalls Sie die treibende Kraft dahinter?

Also, lieber Herr Schick, welchen geheimen Plan verfolgen Sie mit der Cancom-Beteiligung? Ich muss zugeben, dass ich anfangs auch der Meinung war, dass Sie hier irgendetwas im Schilde führen und uns darüber rätseln lassen, was dies wohl sein könnte. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zum Ergebnis, dass Ihr Cancom-Engagement für Sie vielleicht nicht einzig und allein, aber im Wesentlichen eine Kapitalanlage ist. So einfach ist das. Irgendwelche Übernahmephantasien bezüglich Bechtle und Cancom? Möglich, aber Stand heute unwahrscheinlich. Schon als Bechtle-Vorstands- und Aufsichtsratschef haben Sie ja stets die Strategie verfolgt, die akquirierten Firmen weitgehend allein und an der langen Leine laufen zu lassen (sofern und solange diese erfolgreich waren, versteht sich). Würde mich nicht wundern, wenn Sie dies mit Ihren Privatinvestitionen ähnlich halten.

Dennoch bin auch ich der Meinung, dass Ihre Beteiligung an Cancom im besten Fall als unglücklich zu bezeichnen ist. Wenn Sie Geld übrig haben, lieber Herr Schick, warum dann nicht in ein anderes aufstrebendes oder unterbewertetes Unternehmen investieren, welches nicht in dieser Konkurrenzbeziehung zu Bechtle steht? Dann hätte sich diese ganze Aufregung vermeiden lassen. Vor allem, wenn Sie nun als derzeit größter Cancom-Aktionär auch noch Anspruch auf einen Aufsichtsratsposten beanspruchen, wird es vollends kritisch. Denn denn würde die Familie Schick in den Kontrollgremien sowohl von Bechtle als auch von Cancom sitzen und hätte größtmögliche Insiderinformationen auch über sehr vertrauliche Inhalte zweier direkter Konkurrenten. Ein Unding, wenn Sie mich fragen.

Einen positiven Aspekt hat Ihre Aktion aus Sicht der Branche dann aber doch noch: Mit Ihrer Beteiligung an Cancom zeigen Sie, lieber Herr Schick, dass Sie weiterhin an das Geschäftsmodell IT-Systemhaus glauben. Das ist für alle Systemhäusler in Deutschland ja doch eine schöne Botschaft.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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