Vorgesetzte zögern zu lange
Wenn sich in einer Firma ewig nichts bewegt, dann liegt das nach Ansicht der Angestellten vor allem an den Chefs: Jeder zweite attestiert seinem Vorgesetzen besonders zögerlich und unflexibel zu sein.
Entscheidungsfreude und Anpassungsfähigkeit sind nicht gerade die Eigenschaften, mit denen deutsche Führungskräfte glänzen. Das sagen jedenfalls die, die es täglich erleben, nämlich ihre Mitarbeiter.
Nach einer internationalen Umfrage der Unternehmensberatung Hay Group sind 52 Prozent der hiesigen Angestellten der Ansicht, dass ihre Chefs zu lange zögern, bevor sie überhaupt eine Entscheidung treffen. Zwei von drei Befragten in Deutschland sagten außerdem, dass ihr Unternehmen nicht in der Lage ist, sich schnell auf neue Marktbedingungen einzustellen.
| Entscheidungsfreudige Manager weltweit | ||
| Rang | Land | Entscheidungsfreude |
| 1 | Israel | 65 % |
| 2 | Ă–sterreich | 63 % |
| 3 | China | 60 % |
| 4 | Indien | 58 % |
| 5 | Mexiko | 52 % |
| 6 | Japan | 50 % |
| 6 | USA | 50 % |
| 8 | Deutschland | 48 % |
| 8 | Kanada | 48 % |
| 10 | Frankreich | 47 % |
| 10 | Italien | 47 % |
| 10 | Russland | 47 % |
| 10 | Ägypten | 47 % |
| 10 | SĂĽdafrika | 47 % |
| 15 | GroĂźbritannien | 45 % |
| 16 | Brasilien | 44 % |
| Quelle: Hay Group | ||
Damit rangiert Deutschland beim Thema Entscheidungsfreude sogar hinter Schwellenländern wie China und Indien. Dort sind die Manager deutlich schneller mit ihren Entscheidungen, sagen jedenfalls die Mitarbeiter. Aber auch in Europa gibt es schnelle Entscheider: Österreichische Angestellte stellen ihren Unternehmenschefs gute Zeugnisse in diesem Punkt aus. Schlusslichter in punkto Entscheidungsfreude sind übrigens Großbritannien (45 Prozent) und Brasilien (44 Prozent).
Auch bei der Anpassungsfähigkeit und Flexibilität des eigenen Unternehmens können die deutschen Unternehmenslenker nicht wirklich punkten. Auch hier rangieren die Manager in anderen Ländern wie Indien oder Irland mit 73 Prozent oder Portugal (76 Prozent) vor Deutschland mit 64 Prozent.
Keine guten Ergebnisse, wie die Analysten finden. Denn schnelle Entscheidungen zu treffen sei nun mal nötig, um auf sich veränderte Marktbedingungen zu reagieren. Den zögerlichen Unternehmenslenkern in Deutschland empfehlen sie, mehr Verantwortung zu delegieren und die Mitarbeiter stärker in Entscheidungsprozesse einzubinden. Mit klaren Verantwortungsbereichen und Entscheidungskompetenzen würden auch die Angestellten die Chance bekommen, die eigene Entscheidungsfreude zu testen und gegebenenfalls zu steigern. Davon, so die Analysten, würde das gesamte Unternehmen profitieren.
Leider sei es aber so, dass gerade in großen Firmen viel zu viele Entscheidungen über den Schreibtisch des Vorstands laufen müssten, selbst wenn sie vorher schon auf mehreren Ebenen behandelt wurden. Und selbst dann würde der Vorstand meist noch zögern und weitere Informationen einfordern. Das ist es nicht verwunderlich, dass sich Frust unter den Mitarbeitern breit macht: Laut einer anderen Studie der Hay Group bezeichnen sich nur noch zwei Drittel der Mitarbeiter als wirklich engagiert – Tendenz fallend. (gs)