Drohnen-Hickhack: EuroHawk fliegt, fliegt nicht, fliegt doch, oder auch nicht...

Die Bundeswehr freut sich auf den EuroHawk, doch sein Einsatz ist ungewisser denn je: Er muss autonom ausweichen, SIGINT-fähig sein und dann auch noch zugelassen werden – und genau das steht in den Sternen. Das Ministerium hat die Hoffnung aufgegeben.

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Von
  • Detlef Borchers

Während sich die Bundeswehr ganz offiziell freut, dass der Fliegerhorst Jagel für die Drohne EuroHawk vorbereitet wird, ist der autonome Flieger selbst ins Gerede gekommen. Über seine Zukunft könnte morgen der Verteidigungsausschuss des Bundestages auf seiner Sitzung entscheiden. Verteidigungs-Staatssekretär Stéphane Beemelmans soll Rede und Antwort zur EuroHawk-Drohne stehen, die als SIGINT-Luftaufklärer eingesetzt werden soll. Wie die Tagesschau heute meldet, macht sich das Verteidigungsministerium bereits keine Hoffnungen mehr: das Zulassungsverfahren sei erheblich zu teuer und eine Zulassung fragwürdig.

Während die Kampfdrohnen in Afghanistan in einem von der NATO kontrollierten und relativ leeren Luftraum fliegen, werden Drohnen über Europa in einem überfüllten Raum unterwegs sein. Seit mehreren Jahren laufen daher Integrationstests, wie bodengesteuerte Drohnen und pilotierte Luftfahrzeuge koexistieren können. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Fähigkeit von Drohnen, einem Luftfahrzeug zuverlässig auszuweichen, daher spielen sogenannte "Sense and Avoid"-Systeme eine wichtige Rolle. Erst vor wenigen Tagen erzielte die Firma Astraea einer Meldung der BBC zufolge einen wichtigen Durchbruch beim Einsatz solcher Systeme. Astraea, an der der britische Rüstungskonzern BAE Systems beteiligt ist, schickte einen unbemannten Jetstream auf eine 600 Meilen lange Reise durch den allgemeinen Luftraum über Großbritannien. Dabei wurde ein Ausweichmanöver mit einer Militärmaschine durchgeführt.

Ohne ein derartiges "Sense and Avoid"-System hätte der EuroHawk wenig Chancen, die erforderlichen Genehmigungen für den Einsatz im Luftraum über Deutschland zu bekommen. Zwar soll die Maschine nach offizieller Darstellung (Powerpoint-Datei) in einem für die zivile Luftfahrt temporär gesperrten Luftraum aufsteigen und landen, ehe sie oberhalb des europäischen Flugverkehrs auf 14.000 Metern Höhe 30 Stunden lang auf einer Nord-Südroute Patrouille fliegt. Doch könnte es Situationen geben, in denen der Kontakt zur EuroHawk unterbrochen wird und die Drohne dann in den falschen Luftraum gerät – dann muss sie Ausweichmanöver beherrschen. Der erste Testflug Mitte Januar 2013, über ein Jahr nach der Überführung aus den USA, wurde ohne autonomes "Sense and Avoid" mit einer Sondergenehmigung durchgeführt. Beim zweiten Test am 9. April war die Genehmigung auf den Luftraum über Manching eingeschränkt worden.

In den USA, wo derzeit die NASA einen Wettbewerb der Ausweichsysteme von Drohnen initiiert hat, will Flugzeugbauer Northrop Grumman im Jahr 2018 ein entsprechendes Sense-and-Avoid-System für seine GlobalHawks – die Grundlage des EuroHawks – liefern können. Bis dahin müsste für den EuroHawk ein anderes System zum Einsatz kommen. Erschwerend kommt hinzu, dass der EuroHawk den ITAR-Bestimmungen unterliegt und deutsche Techniker und Ingenieure nur einen eingeschränkten Einblick in die technische Dokumentation des Fliegers haben. Damit dürfte im Verteidigungsausschuss des Bundestages die Frage fällig sein, ob die angestrebte SIGINT-Fähigkeit der Drohne als Ersatz für die längst außer Dienst gestellte Breguet Atlantic überhaupt noch erreichbar ist.

Da der Wahlkampf begonnen hat, ist diese Frage mit der Existenz der deutschen Drohnenforschung in Manching verknüpft. Dort hat die Arbeit am EuroHawk die Arbeit am älteren Projekt der europäischen Drohne Talarion abgelöst. Im Jahr 2011 sprach der CSU-Abgeordnete Florian Hahn von einem "dramatischen Hightech-Verlust in Bayern". So seien bis zu 3000 Arbeitsplätze vom Standort Manching abhängig. (jss)