Niedersachsen droht mit Nein zum Endlagersuchgesetz

Nach dem Konsens von Bund und Ländern im April schien endlich der Weg frei zur bundesweiten Suche nach einem Atommülllager. Am Freitag will der Bundestag über das Endlagergesetz beraten – Niedersachsen droht aber schon jetzt mit seiner Ablehnung.

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Von
  • Marco Hadem
  • dpa

Kurz vor der Bundestagsberatung über eine neue Suche nach einem Atommüllendlager droht Niedersachsen mit der Ablehnung des von Bund und Ländern ausgearbeiteten Gesetzentwurfs (PDF-Datei). "Der dort vorgesehene Zeitplan ist völlig unrealistisch und nicht zu halten", sagte Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) in Hannover. Die rot-grüne Landesregierung habe immer betont, dem Gesetz im Bundesrat nur zustimmen zu können, "wenn eine rechtssichere Umsetzung" zur Standortauswahl realistisch sei. Im April hatten sich Bund und Länder nach zähen Verhandlungen auf einen Konsens geeinigt – nach einem Beschluss im Bundestag soll der Bundesrat am 5. Juli entscheiden.

Wenzels Kritik bezieht sich unter anderem auf das im Entwurf genannte Abschlussdatum 2031 für eine Suche nach einem Lager für hoch radioaktiven Atommüll. "Der im Gesetzentwurf vorgesehene Zeitraum für die untertägige Erkundung ist deutlich zu knapp bemessen", sagte Wenzel. Neben offenen Formulierungs- und Genehmigungsfragen sei auch die Zwischenlagerfrage für die noch ausstehenden 26 Castoren mit Atommüll aus der Wiederaufarbeitung im Ausland ungeklärt.

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) müsse, wie er zugesagt habe, Alternativen zur Zwischenlagerung in Gorleben (PDF-Datei) prüfen. Bislang hatten nur Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein ihre Bereitschaft zur Aufnahme signalisiert. Dies reiche aber schon aufgrund der Kapazitäten und Auflagen aus Kiel, maximal 14 Castoren für 40 Jahre zwischenlagern zu wollen, nicht aus. In Gorleben sollen laut Konsens neben den bereits 113 Großbehältern keine neuen Castoren zwischengelagert werden.

Auch die nicht ausreichende Beteiligung von Bürgern und Verbänden wird in Hannover sehr kritisch gesehen. "Das hat schon mit der äußerst knappen 48-Stunden-Frist bei der Verbandsanhörung für den Gesetzentwurf begonnen", sagte er. Niedersachsen fordere daher, dass alle Vorschläge von Dritten "substanziell geprüft werden und gegebenenfalls in das Gesetz einfließen müssen". Dies gelte auch für die Ergebnisse des Endlagersymposiums Ende Mai in Berlin und die Zusammensetzung der 24-köpfigen Kommission, die bis Ende 2015 die Grundlagen für die Endlagerung erarbeiten soll.

Ferner kritisiert Wenzel, dass der von Altmaier versprochene Verzicht auf eine weitere Erkundung des bislang von der Politik priorisierten Salzstocks in Gorleben ebenso im Entwurf fehle, wie die Festlegung, dass dieser nicht weiter erkundet werden solle. "Der Erkundungsstopp ist aber zwingender Teil der Vertrauensfrage."

Die Kritik sei nicht Teil neuer Forderungen aus Hannover, sagte Wenzel. Stattdessen beruhten sie auf den mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) getroffenen Verabredungen. Dieser habe in den Verhandlungen eine rechtssichere Umsetzung versprochen. Wenzel: "Wir haben kein Interesse an einer Scheinlösung, die nicht tragfähig ist."

An diesem Freitag ist der Entwurf erstmals Thema im Bundestag. Dann möchte Altmaier auch in einer Regierungserklärung für einen "breiten Konsens" in der Endlagerfrage werben. Anschließend wollen die Fraktionen über den gemeinsamen Gesetzentwurf beraten. Die SPD will dem Gesetz – im Gegensatz zu CDU und FDP – aber nur unter der Bedingung zustimmen, dass die Zwischenlagerung der 26 Castoren geklärt ist. Nach Altmaier will auch Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) sprechen – es ist dessen erste Rede im Bundestag. (anw)