Open NRW: Landesregierung treibt OpenData und Bürgerbeteiligung voran

Die Konferenz im Düsseldorfer Landtag zeigte große Unterschiede in den Konzepten der digitalen Bürgerbeteiligung. Unter anderem drehen manche Kommunen jedes Byte drei mal um, bevor sie es freigeben, während andere die Freigabe als Normalfall betrachten.

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Von
  • Torsten Kleinz
  • Dusan Zivadinovic

Mit einer Konferenz unter dem Titel Open NRW hat die nordrheinwestfälische Landesregierung am Freitag ihre Strategie für Open Data und digitale Bürgerbeteiligung vorangetrieben. Während einige Teilnehmer im Düsseldorfer Landtag ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild forderten, betonten Vertreter der Verwaltungen Hindernisse bei der Umsetzung.

"Bei Open.NRW geht es um nicht weniger als die Weiterentwicklung der Demokratie“, sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zur Eröffnung. "Die repräsentative Demokratie im 21. Jahrhundert kann durchaus ein kleines Update verkraften." Dabei sollen aber nicht die alten parlamentarischen Strukturen umgeworfen werden, sondern von den neuen partizipativen Elementen ergänzt werden. Die Grundlagen für die künftige Strategie hat eine Arbeitsgruppe der Landesregierung in einem Eckpunkte-Papier veröffentlicht, das zwischen den Beteiligten abgestimmt und bis Ende des Jahres vom Kabinett beschlossen werden soll.

Die Landesregierung sieht Korrekturbedarf im eigenen Verhalten. So kritisierte Innenminister Ralf Jäger, dass amtliche Bekanntmachungen "in einem Deutsch geschrieben sind, das selbst ich kaum noch verstehe". Hier soll die neue Offenheit der Landesregierung für eine bessere Kommunikation mit dem Bürger sorgen. Gleichzeitig machte Jäger aber die Grenzen klar, die er bei der Veröffentlichung amtlicher Daten sieht: So müssten Verwaltungsmitarbeiter E-Mails verfassen können, ohne den Druck zu verspüren, dass diese später veröffentlicht werden. Auch Geodaten könne man nicht so einfach veröffentlichen, ohne die Rechte Dritter zu beachten oder auf Einnahmen zu verzichten. Zudem sieht Jäger in offenen Daten alleine noch keinen
Zugewinn: "Ich finde, Open Government hat nichts damit zu tun, dem Bürger terabyteweise Daten zuzuschieben", sagte Jäger.

Noch ist sehr offen, wie die digitale Bürgerbeteiligung aussehen soll. Manche Kommunen grübeln erstmal, bevor sie einen Datensatz freigeben, für andere ist die Freigabe der Normalfall.

(Bild: Quelle: Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen/Foto: Ralph Sondermann)

Dass es mit der Veröffentlichung von amtlichen Daten alleine nicht getan ist, zeigen erste Experimente von Kommunen, die in Düsseldorf vorgestellt wurden. So hat die Stadt Moers im Zuge der GovData-Initiative der Bundesregierung seit Anfang des Jahres ein Portal mit offenen Datensätzen eingerichtet. Doch anders als Millionenstädte kann Moers mit knapp 100 000 Einwohnern nicht auf eine rege Community von Entwicklern zurückgreifen – so bleiben die Daten zunächst ungenutzt. Die Kommunen hoffen nun, dass im Zuge der OpenData-Bewegungen Tools geschaffen werden, die viele Kommunen einsetzen können.

Die Domstädter haben hingegen mit dem privat betriebenen Portal Offenes Köln ein bereits bundesweit viel beachtetes Projekt zur Weiterverarbeitung amtlicher Daten. Die Kölner Stadtverwaltung arbeitet sogar aktiv daran mit, immer weitere Daten zur Verfügung zu stellen und so neue Verwendungen zu eröffnen. Statt zu fragen, welche Daten für eine Freigabe geeignet sein könnten, gilt die Freigabe als Normalfall. "Zum Beispiel bei der Online-Terminvereinbarung – warum sollen diese nicht auch auf anderen Plattformen möglich sein", erklärte Sabine Möwes von der Stadtverwaltung Köln. Bei jeder neuen Fachanwendung fordere die Stadtverwaltung inzwischen auch eine Schnittstelle für OpenData-Anwendungen.

"Ich kann als Vertreter einer Kommune nur hoffen, dass ein Transparenzgesetz in NRW kommt“, sagte Claus Arndt, der in Moers für die Veröffentlichung der Daten zuständig ist. Die Kommunen erhoffen vom Land Anschubhilfe, um die Öffnung zu bewältigen. Hier kommt auch die finanzielle Lage der Kommunen und des Landes ins Spiel: Sollte die Landesregierung weitgehende Vorgaben machen, verlangen die Kommunen eine finanzielle Entschädigung aus dem Landeshaushalt. Offenbar auch deshalb will sich die Landesregierung zunächst darauf beschränken, das neue offene Regierungshandeln nur vorzuleben, aber nicht vorzuschreiben.

Auch wenn die Vertreter der Open-Data-Szene die Bemühungen der Landesregierung begrüßen, sparen sie nicht mit Kritik. So warf Geraldine de Bastion der Bundesregierung eine Blockadehaltung vor. "Tolle Initiativen wie Frag den Staat wurden von der Bundesregierung torpediert." Um so wichtiger sei es nun, mit Initiativen in den Bundesländern die Entwicklung voranzutreiben. Dabei stößt das Eckpunkte-Papier der Landesregierung bei Open-Data-Aktivisten nicht auf einhellige Zustimmung.

Beispielsweise sieht zwar das Papier ausdrücklich die Open-Data-Prinzipien der Sunlight Foundation als Zielvorgabe – doch der Verpflichtung, die Daten ohne Nutzungsbeschränkungen zu veröffentlichen, will die Landesregierung vorerst nicht ganz nachkommen. Vielmehr wurde auch eine Variante der Datenlizenz Deutschland in das Eckpunkte-Papier aufgenommen, die die kommerzielle Nutzung explizit verbietet. So hofft die Landesregierung mehr Datenbestände zur Verfügung stellen zu können. Die Weiterverwendungsmöglichkeiten sind jedoch empfindlich eingeschränkt. Ebenfalls wurde kritisiert, dass es den einzelnen Ressorts überlassen bleiben soll, welche Daten sie veröffentlichen.

Bei der Bürgerbeteiligung ziehen die Ministerien des Landes ein positives Zwischenfazit. Schon seit Jahren setzt die Landesregierung bei Gesetzesvorhaben auf Online-Plattformen, um sich Anregungen und Meinungen aus der Bevölkerung einzuholen. Inzwischen wurden die hohen Erwartungen jedoch zurückgeschraubt: "Wenn sich ein Prozent der Zielgruppe an einer Online-Konsultation beteiligt, ist das ein guter Wert", erklärte Eva Lück vom Wissenschaftsministerium. Dennoch erhalte die Verwaltung so wichtige Hinweise, die sie auf dem klassischen Wege nie erhalten hätte.

Der Sozial- und Medienpädagoge Jürgen Ertelt mahnte jedoch eine Umorientierung an: Statt lediglich ein Beteiligungangebot für Bürger zu machen, müssten die Ministerien in einen Dialog mit den Bürgern einsteigen. Der wird nämlich derzeit noch weitgehend aus den Ministerien ausgelagert: Externe Dienstleister übernehmen nicht nur den Aufbau und technischen Betrieb der Plattform, ihnen obliegt auch die Moderation und die Auswertung der Beiträge, die sie dann für die Ministerien aufbereiten. Prozentual mag die Beteiligung an Online-Konsultationen noch gering sein. Rein Quantitativ haben einige Projekte zur Überraschung der Ministerien jedoch eine Vielzahl von Beiträgen erhalten – und so einige Projekte unerwartet in die Länge gezogen. (dz)