ICANN-CEO: "Niemand kann das Internet kontrollieren"

Rod Beckstrom, der offiziell als neuer Chef des ICANN-Büros inthronisiert wurde, lobte das Internet als das Medium, das alle bescheiden mache, auch die Regierungen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 17 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

"Niemand kann das Internet kontrollieren, daher können es alle kontrollieren," sagte der neue CEO der Internet-Verwaltung Internet Corporation for Assigned Numbers (ICANN), Rod Beckstrom, zu den Auseinandersetzungen um die Oberaufsicht über die ICANN und die Kontrolle der Internet-Verwaltung. Beckstroms Nominierung war bereits Mitte Juni bekannt geworden. Der ICANN-Vorstand hatte die Wahl offiziell aber erst am heutigen Freitag bekannt gegeben. Beckstrom, der bis zum Frühjahr Chef des National Cybersecurity Center des US-Departments of Homeland Security war, wurde in Sydney vom ICANN-Vorstand auf den Posten berufen, den er mit den Worten eines ehemaligen Kollegen aus der US-Regierung scherzhaft als "Platz in der Bratpfanne über dem Feuer" bezeichnete.

Beckstrom hielt sich bei seiner ersten Pressekonferenz während des ICANN-Treffens in Sydney bedeckt zu Kernfragen, die die private Netzverwaltung aktuell beschäftigt. Zum Auslaufen des Joint Project Agreement (JPA) zur US-Oberaufsicht über die ICANN und Forderungen von Seiten der EU, die US-Regierung möge auf ihre besondere Aufsichtsrolle verzichten, sagte er lediglich: "Die ICANN ist sicherlich optimistisch, dass man eine konstruktive Lösung finden wird". Den Vertrag über den Betrieb der IANA (Internet Assigned Numbers Authority), der den USA die Kontrolle über die Rootzone gibt, nannte er einen wichtigen Vertrag. ICANN habe ihn in den vergangenen Jahren erfolgreich erfüllt, er werde 2011 neu ausgeschrieben. Der IANA-Vertrag sei Teil der vertraglichen Bindungen an internationale Regierungen, in diesem Fall an die US-Regierung, die "die Entwicklung von Protokollen und System des Internet anfänglich finanziert" habe, sagte Beckstrom.

Nachfragen zu einer stärkeren "Internationalisierung" beantwortete Beckstrom mit einem Verweis auf den ICANN-Regierungsbeirat (Government Advisory Committee, GAC). "Da ist bereit ein Mechanismus für internationale Beteiligung", meinte Beckstrom. Der Regierungsbeirat sei ein beratendes Gremium, dessen Stellungnahmen direkt an den Vorstand gereicht würden, also an das letztlich entscheidende Gremium. Man hoffe, dass alle Nationen der Welt sich darin beteiligen, unterstrich Beckstrom. Die offizielle Beteiligung Chinas sei etwa ein großes Plus. Aufgabe des ICANN-Büros – und damit auch seine als neuer CEO – sei die organisatorische Unterstützung des GAC, sodass "der Rat zu der Auswahl der Themen arbeiten kann, die er für prioritär hält".

Der GAC selbst hat in Sydney eine Arbeitsgruppe angekündigt, die die künftige Rolle des GAC neu ausloten soll. Einzelne Regierungen drängen, das GAC aufzuwerten, als Ersatz für die außerhalb der USA als Auslaufmodell betrachtete US-Vorherrschaft über Internet-Namen und -Nummern. Beckstrom betonte, die künftige Rolle des GAC sei letztlich vom GAC selbst und der gesamten ICANN-Community zu definieren. Der Vorstandsvorsitzende der ICANN, der Neuseeländer Peter Dengate Thrush, unterstrich, dass man eine Aufsicht durch die "Gemeinde" und nicht durch eine "Firma", eine "Regierung" oder "mehrere Regierungen" wolle.

Von der Heftigkeit der Debatten der Interessengruppen in der ICANN, aber auch der Qualität und Hartnäckigkeit dieser Debatten, zeigte sich Beckstrom beim Rückblick auf sein erstes Treffen beeindruckt. Ein solcher von der Basis her organisierter Prozess lasse sich nicht von oben nach unten regieren, versicherte Beckstrom. Er lobte das Internet als das Medium, das alle bescheiden mache, auch die Regierungen. (Monika Ermert) / (jk)