Wikileaks leakt Doku über Wikileaks

Auf einer eigenen Seite hat Wikileaks die Filmdialoge von "We steal Secrets: The Story of Wikileaks" mit zugehörigen Kommentaren veröffentlicht. Der Organisation passen einige Aspekte des Dokumentarfilmes nicht.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Am 11. Juli startet der Dokumentarfilm "We steal Secrets: The Story of Wikileaks" in den deutschen Kinos. Der vom Dokumentarfilmer und Oscar-Preisträger Alex Gibney ("Taxi zur Hölle") gedrehte Film im Verleih von Universal Pictures kann schon jetzt textuell und netzmäßig erschlossen werden: Wikileaks hat die Filmdialoge transkribiert und kommentiert, weil Gibney die Position von Assange kritisch beleuchtet.

Das Poster zum Film

(Bild: "We steal Secrets: The Story of Wikileaks")

Aus den USA gibt es bereits begeisterte Reaktionen: "Ein hervorragender Film, besser als alles, was bisher zu diesem Thema gemacht wurde", jubelte der Rolling Stone. Auch der Waschzettel des deutschen Filmverleihers hält sich nicht zurück und spricht von einer "atemberaubende Rekonstruktion der folgenschweren Ereignisse" voller "bewegender Einzelschicksale", bei denen ein "geheimnisumwitterter Assange" und ein "junger, besorgter Soldat Manning" die Gralssuche nach der "Wahrheit im digitalen Zeitalter" aufnehmen. Tief und intensiv soll der Film die wichtigste gesellschaftliche Frage unserer Zeit behandeln, und die ist: "Das Thema Privatsphäre im Internet und die große anonyme andere Seite, die uns dazu verführt, unsere persönlichsten Gedanken und tiefsten Aspekte unseres Seelenlebens zu offenbaren."

Das Seelenleben gehört aber zu der Sorte Leben, das sich schwer mit einer Filmkamera einfangen lässt, zumal von einer dokumentarisch ausgerichteten. Dementsprechend erhält der Film Passagen, die Gibney von einem Trickfilmstudio anfertigen ließ und mit selbst gesprochenen Texten hinterlegte, die Assanges und Mannings Gefühlsleben beschreiben. Gut dokumentiert sind Gibneys vergebliche Versuche, Assange vor die Kamera zu bekommen: der Dokumentarfilmer musste sich aus dem reichhaltigen Material anderer Assange-Interviews ein eigenes Interview zusammenschneiden.

Besonders die zusammengeschnittenen Passagen und die im off gesprochenen Texte werden von Wikileaks kritisiert. Außerdem gefällt den Kommentatoren offenbar überhaupt nicht, dass Assanges zeitweiliger Weggefährte Daniel Domscheit-Berg interviewt wird und so eine herausgehobene Rolle bekommt.

Die beiden zentralen Kritikpunkte des Filmes sind aus der Perspektive von Wikileaks, dass Gibney einen direkten Kontakt zwischen Manning und Assange suggeriere. Außerdem wurde der Journalist Nick Davies befragt, der beim Guardian arbeitete und als erster Journalist eines großen Blattes die Zusammenarbeit mit Wikileaks suchte. Davies behauptet in Gibneys Film, dass Assange ihm gegenüber den Standpunkt vertreten habe, dass afghanische Informanten den Tod verdienten, wenn sie mit der ISAF zusammenarbeiten würden. Bis heute bestreitet Assange diese Aussage.

Für Insider mit Interesse an Wikileaks ist der Text des Dokumentarfilmes samt den Kommentaren der Gegenseite sehr amüsant zu lesen, da die von Wikileaks verfassten Kommentare mindestens ebenso viel "Spin" enthalten wie die von Gibney eingesprochenen Texte. Für alle anderen ist es sicher besser, den Start des Dokumentarfilmes abzuwarten, um einen Eindruck des Gesamtwerkes zu bekommen. Wikileaks selbst empfiehlt zwei weitere Dokumentarfilme, die demnächst erscheinen sollen. Die US-amerikanische Dokumentarfilmerin Laura Poitras von der Assange unterstützenden Freedom of the Press Foundation und der britische Regisseur Ken Loach ("Looking for Eric"), einer der Finanziers von Assanges Kaution in Großbritannien, haben jeweils eigene Projekte angekündigt.

Update 25.5.13, 12:50: Nach Auskunft von Alex Gibney fehlt in dem von Wikileaks geleakten Transkript seines Filmes ein Viertel der Endfassung. Besonders irritiert zeigte sich Gibney darüber, dass sämtliche Szenen mit Aussagen von Bradley Manning nicht im Transkript auftauchen (mho)