Grünes Licht für Verlängerung umstrittener Polizeibefugnisse in Brandenburg

Der Innenausschuss des brandenburgischen Landtags hat sich für die sechste Änderung des Polizeigesetzes ausgesprochen, wonach die Fahnder weitere drei Jahre Handys orten, Kfz-Kennzeichen scannen und Telefonate unterbrechen dürfen.

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Der Innenausschuss des brandenburgischen Landtags hat sich in seiner Sitzung am gestrigen Donnerstag für die sechste Änderung des Polizeigesetzes ausgesprochen. Laut dem Entwurf (PDF-Datei) sollen die Fahnder in Brandenburg weitere drei Jahre Handys mit dem IMSI-Catcher orten, Kfz-Kennzeichen automatisch "anlassbezogen" scannen und ohne Anfangsverdacht Telekommunikationsvorgänge unterbrechen dürfen. Für die erneute Novellierung stimmten die Koalitionsfraktionen CDU und SPD. Letztere konnte sich mit ihrer Bedingung durchsetzen, dass während der neuen Probezeit die umstrittenen Befugnisse unabhängig und wissenschaftlich evaluiert werden müssen. Die Linksfraktion lehnte den Entwurf ab. Die Bilanz des brandenburgischen Innenministeriums habe deutlich gemacht, dass das Land "getrost" auf die Sonderkompetenzen verzichten könne, begründete die Oppositionspartei ihr Nein.

Mit der Beschlussempfehlung (PDF-Datei) der Innenpolitiker ist der Weg frei für die Verabschiedung der Änderung in der letzten Plenarsitzung des Landtags kurz vor Weihnachten. Die drei Kompetenzen waren im Rahmen der jüngsten umfassenden Verschärfung des Polizeigesetzes Ende 2006 zunächst bis 20. Dezember diesen Jahres befristet worden. Vor dem ausgedehnten Testlauf hatten Experten bei einer parlamentarischen Anhörung die damals vorangetriebene ständige Ausweitung polizeilicher Überwachungskompetenzen kritisiert. Dem Bürger sei die so ermöglichte Bespitzelung auf Dauer nicht zuzumuten. Die CDU forderte dagegen eine komplette Entfristung der Lizenzen für die Polizei.

Bei der gestrigen Ausschusssitzung hatte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm noch einmal nachdrücklich für die Ortung von Mobiltelefonen und die Kennzeichenfahndung geworben. So hätte allein mit dem Einsatz des IMSI-Catchers 2007 genau 246 Menschen in Gefahrensituationen geholfen werden können. Der Innenexperte der Linksfraktion, Hans-Jürgen Scharfenberg, sprach dagegen von einer beträchtlichen Einschränkung der Grundrechte der Bürger. Außerdem werde von der teuren Ortungstechnik kaum Gebrauch gemacht. Es habe nur sechs Fälle 2007 zur Gefahrenabwehr gegeben. Schönbohm bezeichnete die Kostendiskussion als "unverständlich". Die beiden sich im Gebrauch befindlichen IMSI-Catcher seien bereits 2004 zur Verfolgung schwerer Straftaten beschafft worden. Mit 29 Einsätzen habe hier im Jahr 2007 der Schwerpunkt der Anwendungen gelegen.

Als erfolgreich bezeichnete der Innenminister auch das automatische Scanning von Kfz-Kennzeichen, das bisher 16 Mal im Land zum Einsatz gekommen sei. So hätten bei mehreren Rockertreffen dank festgestellter Nummernschilder und rechtzeitiger Kontrollen gefährliche Gegenstände sichergestellt sowie Anreisen "relevanter Personen" und damit drohende gewalttätige Auseinandersetzungen verhindert werden können. Zudem habe die Koalition mit dem Urteil zur Kennzeichenfahndung des Bundesverfassungsgerichts sogar "schwarz auf weiß" die Bestätigung erhalten, "dass Brandenburg mit seiner gesetzlichen Regelung ein Beispiel für die anderen Länder ist". Noch nicht Gebrauch gemacht hat die Polizei laut Innenministerium von der Erlaubnis zum Einsatz sogenannter Jammer zur Telekommunikationsunterbindung. Der Polizei sollte dieses Mittel zur Abwehr dringender Gefahren trotzdem nicht aus der Hand genommen werden.

Für die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Britta Stark, ist mit der geplanten Novelle gesichert, dass es "keine Abstriche" an der Sicherheit der Bürger gebe. Aber auch Datenschutz, Bürgerrechte und die Kosten seien nicht vernachlässigt worden. CDU-Innenexperte Sven Petke zeigte sich mit dem Kompromiss ebenfalls zufrieden. (Stefan Krempl) / (jk)