Russland fordert UN-Abkommen für Abrüstung im Cyberspace

Die USA wollen hingegen eine verstärkte Kooperation der Strafverfolgungsbehörden nach dem Vorbild der Cybercrime-Konvention

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Von
  • Florian Rötzer

Anfang Juli wird sich US-Präsident Barack Obama mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew in Moskau treffen. Neben einem neuen Abkommen zur Reduzierung der strategischen Waffen wird auch das Internet ein Thema sein. Wie die New York Times berichtet, verfolgen beide Staaten unterschiedliche Strategien, um die Gefahr eines drohenden Cyberwar einzudämmen.

Russland favorisiert schon lange ein UN-Abkommen zur Abrüstung im Cyberspace, das ähnlich sein soll wie die Abkommen zum Verbot chemischer oder biologischer Waffen. Die US-Regierung unter Obama scheint in der Tradition der Bush-Regierung vor verpflichtenden internationalen Abkommen weiterhin zurückzuscheuen (siehe dazu auch: Im Trippelschritt zum Cyberpeace) und will hingegen eine verstärkte internationale Kooperation der Strafverfolgungsbehörden nach dem Vorbild des Übereinkommens zur Computerkriminalität (Cybercrime-Konvention) des Europarats.

Ein internationales Abkommen sei nicht erforderlich, sei hingegen die Haltung der US-Regierung. Wenn die Strafverfolgungsbehörden eng kooperieren, würde der Cyberspace automatisch auch gegen Angriffe im Rahmen eines Cyberwar sicherer. Ein Mitarbeiter des US-Außenministeriums sagte, es gehe primär um Verteidigung: "Sie (die Russen) wollen die Verteidigung einschränken. Wir sollten in der Lage sein, diese furchtbaren 50.000 Angriffe, denen wir täglich ausgesetzt sind, zu kriminalisieren."

Der Zwist um das Vorgehen habe eine internationale Kooperation aus der Sicht der US-Regierung bislang verhindert, wobei man auch darauf verweist, dass viele Angriffe aus Russland oder China erfolgen würden. Die russische Regierung erklärt hingegen, dass das Fehlen eines Abkommens die Aufrüstung im Cyberspace fördert, was gefährliche Konsequenzen haben könne. In vielen Ländern werden nicht nur defensive Maßnahmen zum Schutz des Cyberspace, sondern auch offensive Mittel ausgebaut, um Netze lahmlegen oder manipulieren zu können. Dazu kommen E-Bomben und andere Waffen, die mit Mikrowellenstrahlung oder elektromagnetischen Impulsen arbeiten, um Computer und elektrische Anlagen funktionsunfähig zu machen.

Nach den russischen Vorstellungen sollte etwa verboten werden, geheime Programme einzubauen, die später aus der Ferne aktiviert werden können. Verboten werden sollen auch Angriffe auf zivile Strukturen und Versuche, die Öffentlichkeit durch Falschinformationen zu täuschen. Zudem ist man, wie auch beim Weltgipfel zur Informationsgesellschaft in Tunis 2005 deutlich wurde, für eine stärkere Kontrolle des Internet. Auf amerikanischer Seite wird eine stärkere Kontrolle abgelehnt, wie die New York Times berichtet, weil dies Möglichkeiten bieten könnte, dass autoritäre Regime Zensur besser ausbauen können. Zudem könnten die geforderten Verbote schlicht unwirksam sein, weil sie oft nicht entscheiden ließe, ob ein Angriff von einer Regierung oder von anderen Akteuren ausging. (fr)