IT-Gastarbeiter: Pro und Contra

Der Vorschlag, eine Art "Green-Card" für ausländische IT-Fachkräfte einzuführen, hat am Rande der CeBIT unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.

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Von
  • Tim Gerber

Der Vorstoß von Bundeskanzler Gerhard Schröder, er wolle eine Art "Green-Card" für ausländische IT-Fachkräfte einführen, hat am Rande der Computermesse die unterschiedlichsten Reaktionen ausgelöst. Die Branchenführer zeigen sich begeistert und sprechen von mindestens 30.000 Ausländern, die sie dringend benötigten. Das Prozedere kann den Unternehmen gar nicht schnell genug gehen. Dem Bundesarbeitsminister Walter Riester ist die Eile der Industrie offenbar nicht geheuer. Erst in der Woche vor der CeBIT hatte sein Staatssekretär Gerd Andres von der Branche gefordert, sie möge erst einmal ihren Bedarf genau analysieren und nachweisen, bevor man über einen Bedarf an Gastarbeitern verhandeln könne.

"Man muss doch nur unsere offenen Stellen zusammen zählen" entgegnete der Präsident des IT-Dachverbandes Bitkom, Volker Jung, auf der Jahrespressekonferenz des Vereins. „Da kommen locker 75.000 offene Stellen zusammen" meinte der Siemens-Manager. Die Meldungen des Arbeitsamts, allein im EDV-Bereich seien ungefähr 30.000 Arbeitslose gemeldet, werden zudem von vielen Unternehmen in Zweifel gezogen. Es handle sich dabei vor allem beispielsweise um ältere Programmierer, die meist nur Cobol oder andere, nicht mehr angesagte Programmiersprachen beherrschten. Auch seien viele schon weit länger als ein Jahr arbeitslos und damit raus aus dem Geschäft. Warum man allerdings solche Leute, die einiges an Erfahrung mitbringen, nicht sehr schnell umschulen kann, lassen viele Kommentatoren offen -- anscheinend sind nur junge, sehr belastbare Kräfte gefragt. An den Zahlen des Arbeitsamtes, man gebe eine Milliarde Mark für die Qualifizirung von Arbeitslosen aus, lassen viele Beobachter allerdings kein gutes Haar: Das Arbeitsamt mache dabei keinen Unterschied etwa zwischen Umschulungen für Programmierer und Weiterbildungen in Excel oder Word für Sekretärinnen.

Harald Deinzer von der IT-Personalberatung MegaPart ist jedoch angesichts der genannten Zahlen über offene EDV-Stellen skeptisch: "Inzwischen gehen mitunter mehr als zehn Firmen gleichzeitig auf die Suche nach einer geeigneten Fachkraft für einen einzigen freien Arbeitsplatz. Alle zehn melden dann eine offene Stelle und schalten entsprechende Anzeigen. Findet eine dieser Firmen den entsprechenden Mitarbeiter und vermittelt ihn an den eigentlichen Bedarfsträger, so sind quasi zehn freie Stellen wieder weg, und die anderen merken es noch nicht einmal." Er traue dem Geschrei daher aus seiner Erfahrung nicht: "Auf diese Weise wird der tatsächliche Bedarf regelrecht potenziert", verriet Deinzer der c’t auf der CeBIT.

Am Gemeinschaftsstand der ungarischen IT-Industrie, eines der von den Deutschen ins Auge gefassten Herkunftsländer für Fachkräfte, zeigte man sich verwundert. Man habe selbst so gut wie keine Arbeitslosen in diesem Bereich und obendrein sei der zwischenstaatliche Fonds von zirka 200 ungarischen Experten, die in Deutschland arbeiten dürften, schon seit Jahren gerade einmal zu 20 Prozent ausgelastet, erklärte Izolda Bonár vom ungarischen IT-Branchenverband IVSZ.

Bei der IG-Metall diskutiere man noch offen und durchaus kontrovers über das Problem, war am CeBIT-Stand der Metaller zu erfahren. Vor allem die WebSite der Gewerkschaft böte ein Forum für Mitglieder und Interessierte. Viel Zeit zum diskutieren haben die Kollegen allerdings nicht mehr, Kanzler Schröder will schon Mitte März der Industrie erste Ergebnisse vorlegen. (tig)