MDR.de: Oma lebt wieder

Nach einer knappen Woche Downtime ist die Website des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) wieder im Netz. Über die Ursachen der tagelangen Störung schweigt sich der Sender aus.

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Von
  • Volker Briegleb

Ist eine Website mal nicht erreichbar, kann man das angesichts des weltweiten Überangebots an möglichen Alternativen durchaus verschmerzen. Eine Meldung ist so ein Ausfall auch nicht unbedingt wert; häufig genug haben selbst professionell gehostete Angebote mal technischen Schluckauf. Anders liegt der Fall, wenn eine einigermaßen prominente Website fast eine Woche offline ist – und es sich um ein öffentlich-rechtliches Angebot handelt, wie das des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Dessen Homepage ging in den frühen Morgenstunden des vergangenen Mittwochs vom Netz. Und da blieb sie auch, für sechs Tage.

Am gestrigen Dienstag war mdr.de dann wieder da. Ganz rund lief es bei den Leipzigern allerdings auch heute Vormittag noch nicht. Beim Aufruf der Seiten kam es wiederholt zu Verbindungsabbrüchen oder eine Fehlermeldung wurde angezeigt. Seit dem Mittag scheint das Angebot nun wieder im vollen Umfang zur Verfügung zu stehen. Unklar ist allerdings immer noch, was den so weit reichenden und dauerhaften Ausfall verursacht hat. Einen Zusammenhang mit dem Ende Juni vollzogenen Relaunch der Website soll es Senderangaben zufolge nicht geben.

Der MDR selbst trägt nicht viel zur Aufklärung bei. In einer knappen Mitteilung hatte der Sender am vergangenen Donnerstag über die Panne informiert, die "hardwareseitig" verursacht worden sei und in der Folge zu einem "Datenbankproblem" geführt habe. Immerhin schien das ein schwerwiegendes Problem zu sein, denn eine Prognose, wann der Internetauftritt wieder erreichbar sei, wollte der Leiter des für neue Medien zuständigen Teams in der vergangenen Woche nicht geben. Seither herrscht Schweigen in der Leipziger Kantstraße. Weitergehende Fragen wollte der Sender gegenüber heise online nicht beantworten.

Etwas mehr gibt es im Blog des Presseclubs Dresden zu lesen: Unter Berufung auf eine MDR-interne Mitteilung schreiben die Dresdner von einer "dramatischen" Situation. Ein "Bauteil der Datenbank" habe sich verabschiedet. Das sei zwar ersetzt worden, aber es sei schwierig, jemanden zu finden, der "sich mit der uralten Technik auskenne". Zudem hätten sich die zwar regelmäßig angefertigten Backups beim Einspielen offenbar als unbrauchbar erwiesen.

Als mögliche Ursache haben die Dresdner das Content Management System (CMS) des MDR ausgemacht. Das CMS soll beim Sender intern liebevoll "die Oma" genannt werden, heißt es weiter. Eine Neuanschaffung des betagten Systems sei immer wieder verschoben worden. Ob die vom Presseclub totgesagte Oma nun wieder lebt oder ein neues System hinter den Kulissen von mdr.de werkelt, wollte der Sender auf Nachfrage nicht sagen.

Andere Ursachen vermutet der Medienexperte der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Heiko Hilker. "Wer über Jahre hinweg das Outsourcing vorantreibt, der ist gleichzeitig verpflichtet, sich den notwendigen Sach- und Fachverstand zu sichern. Dies ist jedoch offenbar nicht geschehen", bemängelt Hilker in einer Mitteilung und ist gespannt auf die Konsequenzen "aus diesem Online-GAU". Der MDR brauche "mehr Experten".

Einigen Spott hat sich der ostdeutsche Sender in den vergangenen sechs Tagen gefallen lassen müssen – angesichts der von den Öffentlich-Rechtlichen vollmundig ausgelobten Online-Offensive und des Streits um deren Grenzen ist das wenig überraschend. "Der MDR hat das Internet kaputt gemacht" war da zu lesen; "Oma, ich hab Pixel", spottete die Süddeutsche über den als Zwischenlösung verlinkten Videotext. "Ein Sender verlässt das Internet" kommentierte Handelsblatt-Blogger Thomas Knüwer und mokierte sich über das "Musterbeispiel für Inkompetenz". (vbr)