Manning-Prozess: Auf der Suche nach dem Feindes-Link

Im Prozess gegen Bradley Manning wurde bereits der Hacker Adrian Lamo und Vorgesetzte sowie Ausbilder des Wikileaks-Informanten befragt. Weil das so zügig ging, muss nun eine Pause eingelegt werden.

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Von
  • Detlef Borchers

Der Prozess gegen den US-Soldaten Bradley Manning vor dem Militärgericht in Fort Meade geht so zügig voran, dass eine Pause bis zum kommenden Montag eingelegt werden muss. Am zweiten Verhandlungstag stand der Hacker Adrian Lamo im Mittelpunkt, am dritten wurden die Zustände im irakischen Militärlager Hammer besprochen, in dem Manning bis zu seiner Verhaftung arbeitete. Die stenographischen Mitschriften des Prozesses können bei der Freedom of the Press Foundation abgerufen werden.

Am zweiten Verhandlungstag wurden zunächst die Forensiker befragt, die die von Bradley Manning und Adrian Lamo benutzten Computer und Festplatten analysiert haben. So wurde der IT-Spezialist Mark Johnson befragt, ob er bei Manning irgendwelche Beweise gefunden habe, die auf Sympathie für Islamisten oder auf Transfer von Geldspenden an solche Gruppen schließen lassen. Dies wurde von Johnson verneint. Spannend gestaltete sich die Befragung des Hackers und FBI-Informanten Adrian Lamo, der vom 20. bis zum 26. Mai 2010 mit Manning im Chat verbunden war. Nach der Frage, ob Manning zugab, Julian Assange zu kennen – was Lamo bejahte –, fragte Mannings Verteidiger, ob sein Mandant dem Feind geholfen habe. Dies verneinte von Lamo. Rechtsanwalt David Coombs hakte nach, ob Manning jemals den Wunsch geäußert habe, der USA zu schaden, die US-Flagge zu missachten und dem Feind zu helfen. "Nein, nicht in diesen Worten."

Lamos Aussage ist wichtig, weil die Anklage ihren Nachweis einer Unterstützung des Feindes darauf aufbaut, dass allein die Kenntnis von Wikileaks eine solche Unterstützung ausmachen kann. So wurde als Beweismittel aufgeführt, dass Osama bin Laden die von Wikileaks veröffentlichten afghanischen Kriegstagebücher kannte und von ihnen eine Kopie gespeichert hatte. Ferner wurde ein geheimer Armee-Bericht präsentiert, der vor Wikileaks warnt. Die einfache Gleichsetzung der Benutzung von Wikileaks mit Feindeshilfe überzeugte bisher nicht. So bekannte Casey Fulton, die Vorgesetzte von Manning, dass sie von der Existenz von Wikileaks erst durch die Verhaftung von Manning erfahren habe. Auch Mannings Ausbilder Troy Maul sagte aus, Wikileaks nicht gekannt und während der Ausbildung im Jahre 2009 nicht davor gewarnt zu haben.

Ausschnitt aus "Collateral Murder"

(Bild: Screenshot)

Selbst in der Geschichte um das Video "Collateral Murder" handelt es sich nicht so eindeutig um einen Diebstahl, wie es die Anklage formulierte. Das Video wurde von Mannings Teamleiterin Jihrleah Showman im abgesicherten Armee-Netzwerk SIPRNet gefunden und anschließend ihren Kollegen vorgespielt. Befragt, ob nach der Vorführung eine Debatte über Ethik und Moral unter den IT-Spezialisten stattfand, konnte sich Showman nicht an eine solche Diskussion erinnern. Sie bestätigte auf Nachfragen des Verteidigers, dass Manning sehr politisch debattierte und auf der "extremen Seite der Demokraten" angesiedelt war. Der Abruf des Videos war innerhalb des Analysezentrums erlaubt. Mannings Vorgesetzte Casey Fulton betonte auf Befragung, dass alle Mitarbeiter der Analysetruppe im Lager Hammer dazu angehalten wurden, selbstständig das SIPRnet zu Schulungszwecken (for professional development) zu durchsuchen. Der Prozess gegen Manning soll am kommenden Montag fortgesetzt werden, wenn weitere Zeugen angereist sind. (mho)