Produktneutrale Beschaffung für die Öffentliche Hand

Auf dem Online-Portal www.ITK-Beschaffung.de stehen Behörden nun Leitfäden für gesetzeskonforme Ausschreibungen von Produkten der Informationstechnik und Telekommunikation zur Verfügung.

vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Auf dem Online-Portal www.ITK-Beschaffung.de stehen Behörden nun Leitfäden für gesetzeskonforme Ausschreibungen von Produkten der Informationstechnik und Telekommunikation zur Verfügung. Denn beim Einkauf müssen Einrichtungen der Öffentlichen Hand zahlreiche deutsche und europäische Rechtsvorschriften beachten, die die Beschaffung von ITK-Technik mitunter sehr kompliziert gestalten. "In der Vergangenheit mussten viele Aufträge neu ausgeschrieben werden, weil sie gerichtlich angefochten wurden", erklärt Marco Junk, Bitkom-Experte für öffentliches Auftragswesen. So schreibt etwa ein EU-weit gültiges Diskriminierungsverbot vor, dass in öffentlichen Ausschreibungen keine Marken oder Herstellernamen verwendet werden dürfen.

Das neue Portal wurde auf Initiative des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministeriums sowie des Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) ins Leben gerufen und wird außerdem aktiv unterstützt vom Umweltbundesamt (UBA) und dem Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr (IT-AmtBw). Ziel von www.ITK-Beschaffung.de ist es, vor allem kleineren und mittleren Behörden konkrete Hilfe bei der Formulierung ihrer Ausschreibungen an die Hand zu geben. "Außerdem bringt es juristische Sicherheit für die Beschaffer", ergänzt Bitkom-Präsident Prof. August-Wilhelm Scheer.

Im ersten Schritt stellt das Portal einen Leitfaden für die Anschaffung von Desktop-PCs zur Verfügung. Um eine herstellerneutrale Ausschreibung zu gewährleisten, werden Auswahlkriterien nach Komponenten wie beispielsweise Prozessor, Grafik oder Festplatte gelistet. Anhand typischer Benutzerprofile können Behörden die Einsatzanforderungen für einen Rechner definieren: etwa für einen Büro-Sachbearbeiter (klassifiziert als A-System) sollte das System unter anderen Basisfunktionen wie Textverarbeitung, E-Mail oder auch Virenschutz bieten. "Wir rechnen damit, dass auf entsprechend formulierte Ausschreibungen mehr Angebote eingehen werden", betont Roderich Egeler, Direktor des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministeriums. Somit fördere das Portal auch den Wettbewerb, da potenzielle Anbieter nicht mehr von vorneherein ausgeschlossen würden. "Wir sorgen für Einsparungen und können das Geld der Steuerzahler effizienter einsetzen", ist Egeler überzeugt.

Einen Schwerpunkt legt das Portal außerdem auf die Umweltverträglichkeit von ITK-Produkten. Neben dem Energiebedarf der Geräte werden auch Aspekte wie die Wiederverwertbarkeit oder die Lärmemissionen berücksichtigt. "Die Beschaffung energiesparender PCs durch die öffentliche Hand ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz – und spart obendrein Kosten", unterstreicht Prof. Dr. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes. Neben den aktuell bereits verfügbaren Leitfaden für Desktop-Rechner sind weitere in Vorbereitung – unter anderem für Notebooks, Server, Multifunktionsgeräte und Handys.

Während das Portal www.ITK-Beschaffung.de sich auf Hilfestellung bei der Anschaffung von ausgewählter ITK-Hardware beschränkt, stehen der Öffentlichen Hand seit Mitte 2007 mit den EVB-IT (Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen) eine umfassende Sammlung von Informationen und Vertragsvorlagen für ITK-Projektausschreibungen zur Verfügung, die als Ersatz beziehungsweise Ergänzung für die früher üblichen Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) zum Einsatz kommen und beispielsweise für Bundesbehörden sogar verpflichtend sind.

Speziell für komplexere IT-Projekte, bei denen Kombinationen von Hard- und zum Teil individuell entwickelter Software ausgeschrieben werden, hatte der Gesetzgeber den neuen Vertragstyp EVB-IT System eingeführt – und war dabei, anders als in der Vergangenheit, vorausgeprescht, ohne einvernehmliche Absprache mit dem Bitkom. Details des Vertragstyps, Vor- und Nachteile für Behörden sowie die Kritikpunkte des Branchenverbandes erörtert der heise-resale-Hintergrundartikel Neue Musterverträge für den IT-Erwerb der Öffentlichen Hand. (map)