Kartellamt nimmt TV-Zentralvermarktung im deutschen Profifußball ins Visier

Das Bundeskartellamt hat grundlegende Bedenken gegen die jahrelang praktizierte Zentralvermarktung von Medienrechten durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) angemeldet. Dies komme einem Preiskartell gleich und verstoße womöglich gegen geltendes EU-Recht.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Für die Deutsche Fußball Liga (DFL) ist es ein ehernes Gesetz: Als Vertreterin der Proficlubs der ersten und zweiten Liga handelt allein sie die millionenschweren Verträge über Fernsehrechte mit Medienpartnern aus und verteilt die eingenommenen Gelder dann nach einem festgelegten Schlüssel an die Clubs. Und künftig soll das Modell der Zentralvermarktung auch die Produktion der Medieninhalte selbst umfassen.

Mit dem Münchner Medienunternehmer Leo Kirch vereinbarte die DFL dazu die Gründung einer Gemeinschaftsfirma, die ab der Saison 2009/10 ein komplettes Bundesliga-TV-Programm mit Spielberichten, Interviews und Kommentaren vorproduziert. Die Programmkonserven soll die Kirch/DFL-Firma Sirius dann an Pay-TV-Sender, Kabelnetzbetreiber, Mobilfunkunternehmen oder Internetfirmen verkaufen.

Kirch bietet der DFL dafür Garantiezahlungen in Höhe von mindestens drei Milliarden Euro für die Jahre 2009 bis 2015. Eine österreichische Bank kündigte Ende Januar an, für die erste Zahlung in Höhe von 460 Millionen Euro (Saison 2009/10) bürgen zu wollen. Doch jetzt droht Ärger von Seiten des Bundeskartellamts.

Nach Angaben des Fachmagazins kicker hat das Kartellamt inzwischen grundlegende Bedenken gegen die jahrelang praktizierte Zentralvermarktung angemeldet. "Die Zentralvermarktung von Medienrechten hat dieselbe Wirkung wie ein Preiskartell", sagte Ralph Langhoff, der Vorsitzende der 6. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes, dem Magazin. Bis zum 19. März sollen die Vereine nun unter anderem schriftlich erklären, welche Umsätze sie mit selbst vermarkteten Rechten erzielen.

Der Streit, ob Fußballvereine ihre Spiele selbst vermarkten dürfen oder nicht, zieht sich durch ganz Europa. So hatte etwa der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, gefordert, dass auch spanische und italienische Vereine einer Zentralvermarktung unterworfen werden müssten. Es sei ungerecht, dass Clubs wie Real Madrid oder der AC Mailand über die Eigenvermarktung sehr viel mehr Geld als der FC Bayern einnehmen können, monierte Rummenigge.

Stein des Anstoßes war ein siebenjähriger Fernsehvertrag, der Real Madrid allein Einnahmen von 1,1 Milliarden Euro garantiert, also rund 157 Millionen Euro pro Jahr. Zum Vergleich: In der laufenden Saison schüttet die DFL insgesamt 420 Millionen Euro an 36 Proficlubs aus. Da sich eine Zwangs-Zentralvermarktung auf europäischer Ebene aber so gut wie gar nicht durchsetzen lässt, fordert Rummenigge nun zumindest eine Überprüfung des Verteilungsschlüssels – natürlich zu Gunsten des FC Bayern, der derzeit rund 25 Millionen Euro aus dem Bundesliga-TV-Topf erhält.

Florian Müller, der nach jahrelangem Aktivismus gegen Softwarepatente im Auftrag von Real Madrid gegen eine EU-weite Pflicht zur Zentralvermarktung eintrat, hält Rummenigges Anliegen für "grundsätzlich berechtigt". Die Zentralvermarktung sei schon an sich ein "wettbewerbsrechtliches Unding", vor allem aber könne eine "quasi sozialistische Verteilung der Einnahmen den Bayern wirklich nicht zugemutet werden", meint Müller.

In einem Hintergrundartikel für das Computermagazin c't zeigte Müller zudem verschiedene kartellrechtliche Fragestellungen hinsichtlich der Vereinbarung zwischen DFL und Kirch auf. Kritisch wertet er vor allem, dass die DFL die Übertragungsrechte an der Bundesliga vermarktet, indem sie die Vereine dazu verpflichtet, auf die eigene Vermarktung ihrer diesbezüglichen Rechte zu verzichten. Auch nach Meinung des Kartellamts verstößt dies gegen den EG-Vertrag, weil die Vereine daran gehindert werden, ihre Rechte eigenständig zu verwerten.

Für die DFL hat das Einhaken des Kartellamts bereits weitreichende Konsequenzen: Eigentlich sollten Anfang März die Ausschreibungsunterlagen für das neue Bundesliga-TV-Programm an Sender, Kabelnetzbetreiber und andere interessierte Unternehmen verschickt und vier Wochen später das Vergabe-Verfahren eröffnet werden. Dann sollten auch die verschiedenen Spieltags- und Übertragungsmodelle vorgestellt werden. Doch jetzt ist erst einmal Warten angesagt. (pmz)